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"Atypischer" Austro-"Tatort" in ruhigem Erzählton

Einen emotionalen Mittelpunkt des Films hat Drehbuchautorin Agnes Pluch rund um den von "Tatort"-Urgestein Krassnitzer verkörperten Wiener Ermittler, Moritz Eisner, angesiedelt. Als Gewinn für den Stoff um Abhängigkeit, Verbundenheit und das Wechselspiel zwischen Regionalem und Globalem entpuppt sich vor allem das Zusammentreffen mit dem von Karl Fischer gespielten alten Kollegen Alois Feinig. Für die in traditionell ausgeprägter Hassliebe mit Eisner vereinte Bibi Fellner (Adele Neuhauser) wird der einst auch in Wien tätige Kärntner Kollege ein wenig zum Nebenbuhler - was dem lang gedienten Duo zumindest zeitweise eine neue Facette in seiner ebenfalls atypischen Ermittlerpartnerschaft beschert.

Die beiden älteren Herren outen sich im Lauf des Films auch als Rolling-Stones-Fans mit Hang zum Mitsingen. Krassnitzer selbst kannte diese Seite seiner Figur noch nicht, "ich habe es aber geahnt, und es passt auch gut zu seinen Biografie und Geschichte". Die Stones seien immerhin "einer der signifikantesten Ausdrücke" der Jugendzeit des Charakters, der für Krassnitzer und das Publikum auch 20 Jahre nach dessen Debüt noch Überraschungen bereithält.

Ein wiederkehrendes Element im Repertoire des Paradegrantlers ist sein Idealismus. Im Fall von "Baum fällt" bringt ihn "die Empathie dazu, sich auf diesen alten Freund stärker einzulassen", so Krassnitzer. Das liegt eingebettet in eine Story in der alle Beteiligten Träume haben, sie aber auch an dem "wunderschönen Ort, an dem sie Leben, nicht erfüllen können". In der Bilderbuchkulisse des großteils in und um Heiligenblut gedrehten Films und mitten im örtlichen Hightech-Sägewerk werden diese Konflikte, in die auch Fragen der Globalisierung und der Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche durch ökonomische Zwänge hineinspielen, "in einer komplett anderen Frequenz erzählt". Krassnitzer: "Das ist eine so poetische Geschichte, über die ich sehr glücklich bin."

So wird der Fall um den in Rückblicken von Christoph von Friedl gespielten toten Juniorchef eines regional dominanten Holzbetriebs zum Verhandlungstisch für einige dieser weit über das Mölltal hinausgehenden Themen. Dass die in doch recht feudal-paternalistischen Strukturen eingebaute Geschichte just in Kärnten spielt, sei nicht als Statement anzusehen. Man hätte "Baum fällt" etwa auch ins Waldviertel oder ins Montafon verlegen können, zeigte sich Krassnitzer überzeugt, der viele der Filmcharaktere in gewisser Weise auch bei den Dreharbeiten vor Ort zumindest angedeutet wieder gefunden hat. Regionalcouleur hin oder her: Andeutungen des spezifisch kärntnerischen Idioms liegen nicht dem ganzen Cast, der die Riege der Einheimischen verkörpert, - was ebenso vor- wie nachteilig aufgenommen werden kann.

Die Arbeit als "Tatort"-Duo sei für Neuhauser und Krassnitzer auch angesichts verschiedener Autoren und Regisseuren eine immer wieder interessante Erfahrung, "weil wir jedes Mal mit einer neuen Struktur verbunden sind und etwas ausprobieren", sagte Krassnitzer. Man wisse zwar nicht immer, was erfolgreich wird, "aber es zwingt einen, anders draufzuschauen". Im Fall von "Baum fällt" spiele man durchaus auch mit Erwartungshaltungen: "Es ist für mich nicht nur 'Tatort', sondern ich bekomme eine Geschichte erzählt. Das fand ich sehr angenehm."

Im Laufe des heurigen Jahres wurden zwei neue Folgen abgedreht, darunter "Krank" unter der Regie von Rupert Henning. Ein Ende des österreichischen Duos ist laut Krassnitzer jedenfalls noch lange nicht in Sicht: "Wir bereiten jetzt gerade drei neue Filme vor, die wir im nächsten Jahr drehen, und die Figuren erfahren eine weitere Verdichtung." Im Zuge dessen, werde man die beiden auch weiter "in Graubereichen zwischen Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit" finden.

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