Explainer

Fischöl ist für die Herz-Kreislauf-Prävention ungeeignet

"Das Faktum, dass kein einziger Hinweis auf irgendeinen Effekt von Omega-3-Fettsäuren in der Probandengruppe zu verzeichnen war, weist - gemeinsam mit anderen neutralen Studien - darauf hin, dass Omega-3-Nahrungsergänzungsmittel unwirksam bei der Prävention von Herz-Kreislauf-Ereignissen sind", erklärte Are Kalstad, Leiter einer norwegischen Untersuchung, die beim AHA-Kongress (13. bis 17. November) präsentiert und gleichzeitig in "Circulation", dem AHA-Fachjournal, publiziert worden ist.

In die klinische Studie waren in Norwegen 1.027 Patienten im Alter von durchschnittlich 75 Jahren aufgenommen worden, die in den vorangegangenen zwei bis acht Wochen einen Herzinfarkt erlitten hatte. Es sollte sich also in der Untersuchung um die Frage handeln, ob Omega-3-Fettsäuren ein Mittel zur sogenannten Sekundärprävention nach einem ersten Herz-Kreislauf-Ereignis sein könnten. Die Probanden erhielten verblindet und pro Tag Kapseln mit 1,8 Gramm Omega-3-Fettsäuren oder Kapseln mit Pflanzenöl als Placebo. Die Beobachtungszeit betrug rund zwei Jahre.

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In der Fischöl-Gruppe kam es zu 108 nicht-tödlichen oder tödlichen Schlaganfällen, akuten Herzkatheter-Interventionen, Schlaganfällen, Todesfällen insgesamt oder Spitalsaufnahmen wegen Herzschwäche. Das bedeutete eine Häufigkeit von 21,4 Prozent. In der Placebogruppe war das bei 102 Patienten (20 Prozent) der Fall. Auch bei neu entstandenem Herz-Vorhofflimmern gab es keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

Die norwegischen Ergebnisse passen sehr gut zu einer ebenfalls am Sonntag, allerdings im Journal der American Medical Association (JAMA) erschienenen zweiten klinischen Studie mit 13.078 Patienten von 675 Zentren in 22 Staaten der Erde. Die Hälfte der Probanden mit einem hohen Herz-Kreislauf-Risiko erhielt pro Tag Kapseln mit vier Gramm Fischöl (Hochdosis), die andere Hälfte ein Placebo (Kapseln mit Pflanzenöl).

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Auch in dieser klinischen Studie zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen, in diesem Fall in der sogenannten Primärprävention von akuten Herzzwischenfällen. In der Fischölgruppe kam es bei zwölf Prozent zu Herz-Todesfällen, Infarkten, nicht-tödlichen Schlaganfällen, Kathethereingriffen oder instabiler Angina pectoris mit Spitalsaufnahmen. In der Placebo-Gruppe lag die Häufigkeit solcher Ereignisse bei 12,2 Prozent. Dafür klagten die Probanden, die Fischöl bekommen hatten, zu 24 Prozent und doppelt so häufig über Magen-Darm-Komplikatinen als die Personen, die das Placebo eingenommen hatten.

Die Diskussion über den Wert der häufig in Apotheken als Nahrungsergänzungsmittel gekauften Fischöl-Kapseln mit Omega-3-Fettsäuren geht seit vielen Jahren. In der jüngeren Vergangenheit gab es zu einem ehemals postulierten positiven Effekt der Omega-3-Fettsäuren immer häufiger kritische Stimmen und Daten. Die jetzt in JAMA erschienene Untersuchung war frühzeitig abgebrochen worden, weil eine Zwischenauswertung nahelegte, dass sich kein Effekt ergeben würde.