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Proteste überschatten Unabhängigkeitsfeier in Ljubljana

Während Premier Janez Jansa bei der offiziellen Feier vor dem Parlamentsgebäude am Abend mehrere internationale Festgäste begrüßte, darunter EU-Ratspräsident Charles Michel und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), fand im Stadtzentrum ein Anti-Regierungs-Protest statt. Kurz würdigte bereits im Vorfeld die "Erfolgsgeschichte" des unabhängigen Slowenien. Die Veranstalter der "alternativen Feier" wollten hingegen zeigen, "dass es um einen Feiertag des Volkes geht, nicht um einen Feiertag der politischen Eliten und der einseitigen Zuschreibung von Verdiensten". "Die aktuellen politischen Parteien und ihre Anführer haben uns größtenteils enttäuscht und Slowenien hat die Erwartungen und Hoffnungen, die wir vor 30 Jahren hatten, nicht erfüllt", wurde in dem Demonstrationsaufruf eine "Umgestaltung Sloweniens" zu einer gerechteren Gesellschaft gefordert.

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Der Unmut vieler Slowenen richtet sich insbesondere gegen Premier Jansa, der im Vorjahr seine dritte Amtszeit als Premier begonnen hatte. Ihm werden insbesondere Angriffe auf unabhängige Medien und Kontrollinstitutionen des Staates vorgeworfen. Kritiker attestieren ihm, das traditionell liberale und europafreundliche Land ins politische Fahrwasser des rechtskonservativen ungarischen Premiers Viktor Orban zu führen, der wie Kurz und der kroatische Premierminister Andrej Plenkovic zur Unabhängigkeitsfeier nach Ljubljana angereist ist. Das vierte Nachbarland Italien war durch Außenminister Luigi Di Maio vertreten. Gekommen war auch der Außenminister des aktuellen EU-Ratsvorsitzlandes Portugal, Augusto Santos Silva. Slowenien übernimmt am 1. Juli den EU-Ratsvorsitz von Portugal.

Hingegen boykottierten führende Vertreter der Oppositionsparteien wie Ex-Premier Marjan Sarec den Staatsakt. Als letzte sagte wenige Stunden vor der Feier die Chefin der Sozialdemokraten, Tanja Fajon, ab. Sie protestierte damit gegen die Entscheidung, Bannerträger der Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg auszuschließen. "Ohne die Befreiung und den Volksbefreiungskampf, mit dem Slowenien zu den stolzen Siegern im Kampf gegen Faschismus und Nationalsozialismus wurde, hätte es kein unabhängiges Slowenien gegeben", betonte die Europaabgeordnete.

Ausgerechnet der Erzfeind Jansas, der frühere KP-Chef und erste slowenische Staatspräsident Milan Kucan, ließ sich die Teilnahme nicht vermiesen. "Ich war jener Präsident, der in einer großen Volksfeier die Unabhängigkeit dieses auch meines Landes verkündete. Ich lasse nicht zu, dass sie auch mich tilgen. Deshalb komme ich", sagte Kucan, der am 26. Juni 1991 die denkwürdige Zeremonie vor dem Parlamentsgebäude in Ljubljana geleitet hatte. Noch während der Feier war über dem Himmel von Ljubljana Flugzeuglärm zu hören, am 27. Juni begann dann der Krieg der Jugoslawischen Volksarmee (JVA) gegen die neue Armee des jungen Staates. Der aktuelle Premier Jansa war damals als Verteidigungsminister zentral für die militärische Koordination zuständig. Der "Zehn-Tage-Krieg" wurde auf Vermittlung der damaligen Europäischen Gemeinschaft beendet, womit für Slowenien der Weg in die Unabhängigkeit frei wurde.

Kroatien hatte ebenfalls am 25. Juni seine Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt. Anders als im Fall Sloweniens, das umgehend die Kontrolle über sein Territorium übernahm, war der kroatische Akt aber weitgehend symbolisch. Für Verstimmung in Slowenien sorgte, dass das südliche Nachbarland die Jugoslawische Volksarmee nicht an der Verlegung von Kräften nach Slowenien hinderte. Nach dem Ende der Kampfhandlungen in Slowenien begannen jene in Kroatien im Herbst 1991 erst richtig.

Slowenien und Kroatien sind die beiden einzigen ex-jugoslawischen Republiken, die ihren Weg in die Europäische Union bereits hinter sich haben. Slowenien trat der EU im Jahr 2004 bei, Kroatien im Jahr 2013. Kroatien wartet aber noch auf den Beitritt zum Euro- und Schengen-Raum, denen Slowenien schon seit 2007 angehört. Das Land, das viele Jahre lang den Ruf eines EU-Musterschülers hatte, übernimmt am 1. Juli schon zum zweiten Mal den EU-Ratsvorsitz.