News

Saliera-Diebstahl vor 20 Jahren "keine b'soffene G'schicht"

Das auf einen Wert von 50 Millionen Euro geschätzte "Salzfass der Nation" wurde am 11. Mai 2003 aus dem Kunsthistorischen Museum entwendet. Es war der bisher spektakulärste Kunstdiebstahl in Österreich, ein "Medienfall erster Klasse" (Geiger). Der Täter stieg über ein Baugerüst ein und nahm die Skulptur von Benvenuto Cellini (1500 bis 1571) mit. Als "b'soffene G'schicht" bezeichnete der letztendlich über penible Polizeiarbeit überführte Dieb, ein Sicherheitsexperte, seine Aktion.

Geiger hat den Fall in seinem Buch "Goldraub" verarbeitet. Seipel erinnerte sich bei dem vom Verlag edition a initiierten Pressetermin an den Morgen des 12. Mai: "Ich bekam beim Zähneputzen den Anruf: Host schon g'hört, die Saliera is' weg." Er habe an einen Scherz gedacht, es könne "ja nicht viel passieren", das Kunstwerk sei ja "unverkäuflich". Seipel vermag sich noch heute nicht vorzustellen, wie der Täter durch das Fenster kam: "Es gab in dem Rahmen zwei Schattenjalousien, die jeweils mit drei Meter langen Eisenstangen beschwert waren." Die hätte man nicht so einfach aufdrücken können, meint der 78-Jährige. Dem widersprach Geiger: "Das war machbar."

Alle Inhalte anzeigen

Auch ist der Ex-Museumschef überzeugt, dass die Polizei "in drei bis vier Minuten" am Tatort sein und den Dieb "vielleicht noch" hätte "schnappen" können, wenn der Sicherheitsoffizier im KHM den Alarm nicht ignoriert hätte, weil er von einem Fehler ausgegangen war. "Das glaub ich nicht", erwiderte Geiger. Seipel jedenfalls rätselt weiter und hat deswegen Kontakt zu dem inzwischen aus der Haft entlassenen Dieb gesucht. "Das war nicht sehr zielführend."

Seipel war wegen der angeblich laschen Sicherheitsvorkehrungen im KHM unter Beschuss geraten. "Vielleicht habe ich mich nicht immer sehr geschickt den Medien gegenüber verhalten, aber ich war dann halt der Prügelknabe", sagte er. "Ich war von vornherein der Obertrottel!" - "Er hatte eine undankbare Rolle", assistierte Geiger, der allerdings in seinem Buch die auf dem KHM-Direktor basierende Figur als sehr patschert darstellt. Das Buch habe ihm aber gefallen, sagte Seipel auf APA-Anfrage, fügte jedoch hinzu: "Sehr fantasievoll".

Noch immer stört Seipel, dass die Polizei nach der Ergreifung des Täters und der Sicherstellung der Saliera dessen "b'soffene G'schicht" verbreitete. "Das war ein Deal mit den Ermittler: Du sagst uns, wo das Häferl ist, und wir lassen dir deine Version. Diese Geschichte ist mir auf den Kopf gefallen." Der Ex-Direktor will in dem Buch über seine Zeit im KHM, an dem er derzeit arbeite, seine Version vom "Goldraub" schildern.

Zum Abschluss erzählte Seipel noch eine Anekdote: Als er endlich den Anruf von Geiger bekam - "I glaub, wir ham's" (die Saliera, Anm.) - sei er gerade zu einer Dienstreise in St. Petersburg gelandet. "Den AUA-Rückflug hab ich verpasst, aber ich bin sofort über Kopenhagen zurück nach Wien geflogen. Vor lauter Freude habe ich meine Sitznachbarn mit Champagner verwöhnt."

(S E R V I C E - Ernst Geiger: "Goldraub", Verlag edition a, Taschenbuch, 432 Seiten, 22 Euro)