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Ukrainepavillon in Venedig als selbstbewusstes Lebenszeichen

Die Idee zum "Brunnen der Erschöpfung" sei ihm 1994 oder 1995 gekommen, in einer Zeit der Transition, in der ein Teil eines Imperiums sich in einen unabhängigen Staat verwandelte, erläuterte Markow bei einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag. Diese Erschöpfung habe nicht nur damit zu tun gehabt, dass aus der Leitung kein Wasser kam, sondern auch mit fehlender Vitalität und einem allgemeinen Erschöpfungszustand in der Gesellschaft, erzählte er.

Als er sein Projekt 2003 in Kiew gezeigt habe, habe es veraltet gewirkt, erst zwischen 2008 und 2010 habe er bei Aufenthalten in Europa eine Art Flashback gehabt und sich an die 90er-Jahre in Charkiw erinnert gefühlt. "Mein Interesse an einer lokalen Geschichte wurde mehr oder weniger global, und leider hat sich dieses Gefühl der Erschöpfung in Europa hat im Laufe der Jahre verstärkt", schilderte er.

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Visuell setzt Markow für seinen "Brunnen der Erschöpfung" auf Trichter, die einerseits praktisch bei Verteilen von Wasser aus Kanistern zum Einsatz kommen, aber andererseits auch Fokussierung symbolisieren können. In Charkiw erinnert die Trichterform zudem an einen konkreten Zusammenfluss von zwei Flüssen im Stadtgebiet.

Historisch gezeigte Varianten waren immer trocken. Der Künstler zeigt die Installation in Venedig erstmals in einer Hochwasservariante als echten Brunnen - durch dreiecksförmig angeordnete Trichter fließt Wasser in ein kleines Becken.

Ohne dass dies geplant gewesen sein konnte, avancierten die Produktion des Kunstwerks und kriegsbedingte Schwierigkeiten zu einem integralen Bestandteil der Ausstellung. Die Trichter waren etwa kurz nach Kriegsbeginn von einer Ko-Kuratorin übereilt in Ausland gebracht worden, eine fast finalisierte Halterung musste aus logistischen Gründen in der Ukraine verbleiben.

Der Krieg und seine Auswirkungen dominierten am Mittwoch auch die Pressekonferenz zum ukrainischen Pavillon, der sich wie bei der letzten Biennale im Arsenale befindet. Nach einer Schweigeminute für die Opfer des Kriegs illustrierten Künstler und das Kuratorenteam mit persönlichen Geschichten, dass es ein vor und ein nach dem 24. Februar gibt. "Wir wussten nicht, mit welchen Herausforderungen wir es zu tun haben würden", sagte Ko-Kuratorin Lisa Herman. Helden seien aber die Verteidiger der Ukraine, Ärzte, Freiwillige, Überlebende von Massakern. "Wir schulden ihnen unsere Freiheit und, dass wir hier sein können", sagte sie.

Ukrainer kennten derzeit keine Wochentage mehr, schilderte Ilja Sabolotnyj vom Ukrainian Emergency Art Fund, der gemeinsam mit der Biennale kurzfristig eine weitere Ausstellungsplattform namens Piazza Ucraina in den Giardini mitorganisierte. "Heute ist der 56. Kriegstag", erklärte. Die 59. Biennale eröffnet offiziell am 59. Kriegstag am Samstag.

(S E R V I C E - www.labiennale.org)