Freie Räume und Freiräume: "Junge Szenen" im Belvedere 21

"Ein Zeitschnitt des Jahres 2019", sagt Stella Rollig
Es sind freie Räume, denen das Belvedere 21 aktuell Freiräume einrichtet: In der Ausstellung "Über das Neue" sollen die jungen Szenen in Wien in den Fokus gerückt werden. Neben 18 Einzelpositionen von Künstlern unter 35 Jahren, die vom Kuratorenteam ausgewählt wurden, können sich nämlich auch ein Dutzend unabhängige Projekträume vorstellen. "Ein Zeitschnitt des Jahres 2019", so Stella Rollig.

Die Belvedere-Generaldirektorin verwies bei der Presseführung am Donnerstag darauf, wie wichtig es sei, sich alle paar Jahre an einer solchen "Zeitdiagnose" zu versuchen. Die Schau zeige "gebündelt und fokussiert, was in dieser Stadt künstlerisch passiert. Welche Mittel und Medien werden verwendet, welche Kollaborationen und Vereinzelungen gibt es?" Der Verweis auf das Neue im Titel geschehe auch mit einem "Augenzwinkern", werde doch oft festgehalten, es gebe nichts Neues mehr. "Darin lauert eine unendliche Faulheit. Es lohnt sich, das zu entdecken, klug zu schauen und zu fragen: Was könnte das Neue sein und warum?"

Darüber Gedanken gemacht haben sich die Kuratoren Luisa Ziaja und Severin Dünser. "Künstlerisch ist gerade wirklich viel los in der Stadt, es herrscht eine Vielseitigkeit und Lebendigkeit in Produktion und Präsentation", befand Dünser. Mit der Ausstellung wolle man diese Lebendigkeit reflektieren, wobei betont wurde, dass es sich klarerweise um einen subjektiven Zugang handle. Gewählt wurde eine sehr offene Raumstruktur, die mittels eingezogener Wände kleine und größere Nischen bildet, aber auch ungewöhnliche Sichtachsen zulässt. "Es ist wie ein gewachsenes, urbanes Setting", so Dünser.

Darin finden sich nun 18 Einzelpräsentationen von zwölf Künstlerinnen und sechs Künstlern: Birke Gorm ist etwa mit überdimensionalen Gefäßen vertreten, die in ihrer Ästhetik Assoziationen zu Wüstenszenen hervorrufen und von Drahtameisen erkundet werden. Wenige Schritte weiter finden sich zwei Hüte von Melanie Ebenhoch an der Wand, die sie kurzerhand als Malunterlage genutzt hat für "Eileen Grays nightmare" sowie "The bat in the hat". Ein gewitzter Zugang, der Gegenständlichkeit, Wortspiel und eigenwillige Haptik vereint. An Unterwasserlandschaften erinnern die "Nerven"-Bilder von Lukas Posch, direkt daneben zitiert der gebürtige Tiroler die Butterkeksform, wenn er Schiffe in Szene setzt. Beiden Serien ist ein kühler, sehr zeitgenössischer Anstrich gemein.

Zur Entdeckungsreise laden dann drei im Raum verteilte Kojen, die in den kommenden Wochen abwechselnd von den Projekträumen bespielt werden. Den Auftakt machen Ve.Sch, New Jörg und Bar Du Bois - letztere mit einer ihrem Namen gerecht werdenden Installation: Andreas Harrer, Florian Pfaffenberger und Julian Turner haben dafür kurzerhand einen Zigarettenautomaten umfunktioniert, der nun nicht mehr Rauchwaren, sondern die Namen der zwölf Off-Spaces zur Auswahl hat. Daneben gibt es drei Sitzgelegenheiten, wie direkt aus Wiens Nachtleben entnommen, mit allerlei Fremdmaterial wie Einritzungen oder Stickern versehen. Und zu guter Letzt gibt es "Kleidungsabrieb" an den Trennwänden - nur was hier stattgefunden hat, muss jeder für sich selbst herausfinden.

Der nächste Wechsel dieser Ausstellungen in der Ausstellung findet am 22. März statt, dann ziehen die One Mess Gallery, Pferd und SORT ins Belvedere 21. Ab 12. April folgen die Gärtnergasse, GOMO und Kevin Space, bevor ab 3. Mai Foundation, Mauve und Pina den Abschluss bilden. Viele der gut 60 Projekträume in Wien werden von Künstlern betrieben. "Hier können sie sich ausprobieren, wird mit Ausstellungsformaten gearbeitet, findet aber auch ein starker Austausch mit internationalen Positionen statt", unterstrich Ziaja. Für die Präsentationen im Haus bekamen die zwölf Auserwählten freie Hand.

In dieser Hinsicht ergänzen die Räume den Gesamtansatz, der höchst unterschiedliche Zugänge offenbart. Installationen stehen neben Collagen oder Gemälden, Raumgreifendes neben fein gearbeiteten Details, die ein genaues Auge verlangen. "Wir wollen bewusst klarmachen: Es sind sehr individuelle Positionen", so Ziaja. "Wir legen hier keinen Stil für eine Generation fest." Stattdessen wird bis 2. Juni einfach gezeigt, was sich derzeit in der Wiener Szene und ihren unterschiedlichen Ausprägungen tut - selbst wenn dies wohl nur ein kleiner Ausschnitt ist. Was aber gelingt: Die Schau macht Lust auf mehr - gerne auch in den Dutzenden Off-Spaces, die über die Stadt verteilt Neues, Unerhörtes und Sehenswertes bereithalten.

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