APA - Austria Presse Agentur

Orban erwägt Austritt seiner Fidesz-Partei aus der EVP

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat einen freiwilligen Austritt seiner rechtsgerichteten Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei (EVP) ins Spiel gebracht. Sollte seine Partei aus der konservativen europäischen Parteienfamilie ausscheiden, würde er zunächst mit Polens rechtsnationaler Regierungspartei PiS über eine Zusammenarbeit beraten, sagte Orban am Freitag in Budapest.

Die EVP diskutiert derzeit über einen Ausschluss von Fidesz. Auslöser war eine polemische Fidesz-Kampagne gegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Mit einem freiwilligen Rückzug könnte die Fidesz einem Ausschluss aus der EVP zuvorkommen. Orban sagte, er würde es bevorzugen, die EVP von innen "zu restrukturieren und zu reformieren" und dabei den "gegen Einwanderung gerichteten Kräften" mehr Raum zu geben. Die Fidesz könne auf europäischer Ebene allerdings auch "etwas Neues beginnen" - dies dann bevorzugt mit der PiS-Partei aus Polen. "Wenn wir weggehen und etwas Neues anfangen müssen, dann können wir auf sie zählen", so Orban.

Der EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl im Mai, Manfred Weber (CSU), reagierte betont kühl auf Orbans Worte. "Es ist seine Entscheidung", sagte Weber am Rande eines Besuchs in Warschau. "Niemand ist gezwungen zu bleiben." Fidesz sei "eingeladen", wobei klar sein müsse, dass die EVP auf gemeinsamen Ideen und Werten basiere.

Orban unterhält gute Kontakte zu Polens Regierung. Am Sonntag wird er in Polen an einer Veranstaltung zum 20. Jahrestag der NATO-Osterweiterung zusammen mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki teilnehmen. Morawiecki wird am nächsten Freitag in Ungarn anlässlich des dortigen Nationalfeiertags sprechen.

Die polnische Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) gehört im Europaparlament der EU-skeptischen Fraktion Europäische Konservative und Reformisten (EKR) an. Die Fraktion wird von den britischen Tories angeführt, die die EVP im Jahr 2009 aufgrund ihrer europaskeptischen Haltung verlassen hatten.

Fidesz ist innerhalb der EVP seit Längerem umstritten. Zuletzt erzürnte die polemische Plakatkampagne der Regierung gegen EU-Kommissionspräsident Juncker viele EVP-Mitglieder. Budapest wirft Juncker vor, er wolle die EU-Länder zur Flüchtlingsaufnahme verpflichten und den nationalen Grenzschutz schwächen. Weber hatte Orban am Dienstag drei Bedingungen zur Abwendung des Ausschlusses gestellt und ihn aufgefordert, "noch in diesem Monat" für Klarheit über deren Erfüllung zu sorgen.

Zwölf EVP-Mitgliedsparteien aus neun EU-Staaten hatten sich am Montag dafür ausgesprochen, die Mitgliedschaft von Fidesz zu beenden oder auszusetzen. Über diese Frage soll es am 20. März eine Debatte geben, einen Tag vor dem EU-Gipfel. Die ÖVP hat sich den Ausschlussforderungen bisher nicht angeschlossen. Sie unterstützt nach den Worten von Parteichef Sebastian Kurz das Vorgehen Webers. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagte am Mittwoch, dass er sich eine Fraktionsgemeinschaft der FPÖ mit der Fidesz nach der Europawahl vorstellen könne, dies aber derzeit "noch Theorie" sei.