Als "Self-Disclosure", zu Deutsch Selbstauskunft, bezeichnet man das Enthüllen von Informationen über die eigene Person, vor allem in einem Gespräch mit einer zweiten. Self-Disclosure ist ein Prozess des Öffnens und vertieft unsere sozialen Bindungen zu anderen Menschen. Wir bauen dadurch Vertrauen auf, und geben Intimität und Empathie Platz in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen. Doch man kann es damit auch übertreiben, und der anderen Person keinen Platz geben, sondern wegnehmen.
Für dich ausgesucht
Richtig zuhören, bitte!
Hin und wieder bekommen wir das Gefühl, dass unsere Konversation ein reiner Schlagabtausch ist. Sehr unmenschlich spucken wir unsere Informationen aus, während die andere Person nur darauf wartet, ihren Mund aufzumachen. Wir hören nicht aktiv zu, sondern trachten nur danach, unser Mitteilungsbedürfnis zu stillen. Wenn wir also eine Erzählung unterbrechen, nur um etwas zu sagen wie: "Ich kenn’ das! Das war bei mir so und so", dann kann die andere Person dies so auffassen, als hätten wir gar kein Interesse an dem, was sie zu sagen hat.
Kim Felmingham, Leiterin des Bereichs klinische Psychologie an der Universität von Melbourne, schreibt dazu bei "Disclosure": "Nuancierung ist hier wichtig. Nicht jede Selbstauskunft ist hilfreich, und ich glaube auch nicht, dass irgendjemand dafür plädiert, dass eine Person einfach stumm dasitzen sollte, während ein:e Freund:in alles mitteilt."
Ein weiteres Problem tut sich der Expertin zufolge auf, wenn wir eigene Erfahrungen mit fremden auf eine Stufe stellen. Menschliche Erfahrungen sind wahnsinnig subjektiv, deswegen rät sie in der Regel davon ab: "Die Erfahrung, die du gemacht hast, als du beinahe einen geliebten Menschen verloren hättest, ist nicht die gleiche wie die Erfahrung einer dritten Person, die tatsächlich einen geliebten Menschen verloren hat."
Frauen tendieren eher zur Selbstauskunft als Männer
Felmingham schreibt außerdem: "Frauen tun es [Selbstauskunft geben] in der Regel häufiger als Männer. Vielleicht liegt das daran, dass Frauen eher dazu erzogen werden, verletzlich zu sein oder auszudrücken, dass sie nicht zurechtkommen, während Männer oft dazu erzogen werden, dies nicht zu tun." Oftmals werden Männer auch durch ein toxisches Umfeld, oder auch von Freund:innen und Familie davon abgehalten sich auszudrücken.
Für dich ausgesucht
Die Selbstauskunft ist ein zweischneidiges Schwert. Sie kann Nähe und Verständnis fördern, wenn sie richtig gehandhabt wird. Aber wenn sie ignoriert oder missverstanden wird, kann sie auch zu Missverständnissen und Verletzungen führen. Daher ist es wichtig, nicht nur darauf zu achten, was wir teilen, sondern auch darauf, wie wir auf das Teilen anderer reagieren. Denn letztendlich geht es in Beziehungen nicht nur darum, uns selbst zu offenbaren, sondern auch darum, den anderen zu sehen, zu hören und zu verstehen.