56. Viennale - Sangiorgi setzt auf Abwechslung

Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi
Arbeiten aus aller Welt, "von großen Regisseuren bis zu ganz kleinen Filmen", hat Eva Sangiorgi für ihre erste Viennale-Ausgabe ausgewählt. Die neue Direktorin des Wiener Filmfestivals präsentierte das rund 270 Produktionen umfassende Programm Dienstagabend im Stadtkino im Künstlerhaus. Die 56. Viennale wird von 25. Oktober bis 8. November an verschiedenen Spielstätten über die Bühne gehen.

Nicht nur die aufgegebene Trennung von Spiel- und Dokumentarfilm ist neu, auch die Pressekonferenz selbst hat Sangiorgi dezent neu aufgestellt - ganz fokussiert auf die Filme. "Ich hoffe, Ihnen so eine Idee des Festivals vermitteln zu können." Das umfasst heuer große Hollywoodproduktionen wie "First Man" von Oscarpreisträger Damien Chazelle ebenso wie eine hypnotische Reduktion von Pablo Sigg über eine arische Siedlung in Südamerika ("Lamaland").

Dem "komplexen Phänomen der Migration" nimmt sich der österreichische Regisseur Wolfgang Fischer in "Styx" an, Brady Corbet setzt wiederum Schauspielstar Natalie Portman als Popdiva in Szene ("Vox Lux"). "Ein Meisterwerk" ist laut der Festivalchefin die neueste Arbeit von Jafar Panahi, das bereits in Cannes prämierte "Se rokh". Wie groß die Bandbreite ihres ersten Programms ist, zeigen auch die das Festival umrahmenden Produktionen: Das märchenhafte "Lazzaro felice" von Alice Rohrwacher als Eröffnungsfilm sowie der Abschluss mit "El Angel", in dem Luis Ortega einen Serienkiller in den Mittelpunkt rückt.

"Es gibt nicht nur bekannte Namen, die natürlich ein wichtiger Teil des zeitgenössischen Kinos sind", so Sangiorgi, "wir wollen auch kleinere und ungewöhnliche Projekte zeigen." Außerhalb jeglicher Kategorien sei etwa Jean-Luc Godards "Le Livre d'image" anzusiedeln, während "Minding The Gap" von Liu Bing ein starkes Debüt biete, das weit mehr als die oberflächliche Skateboard-Referenz offenbare. Auf "delikaten Untergrund" wagt sich laut Sangiorgi wiederum Eva Trobisch in "Alles ist gut", "ein Machtkampf zwischen den Geschlechtern".

Als "Abschiedsgeste an einen großen Mann und Freund" bezeichnete Sangiorgi Gaston Solnickis "Introduzione all'oscuro" über den im Vorjahr verstorbenen Viennale-Langzeitdirektor Hans Hurch. Weitere heimische Produktionen im Programm sind etwa Markus Schleinzers "Angelo", Sudabeh Mortezais "Joy" oder die mehrere Jahrzehnte übergreifende Kinodokumentation "Kino Wien Film". Fünf Künstlerinnen stellt wiederum Christiana Perschon mit "Sie ist der andere Blick" in den Fokus.

In den Spezialschienen werden unter anderem Roberto Minervini und Gürcan Keltek Porträts gewidmet, zudem erfährt die Kinemathek-Reihe eine Fortsetzung ("Analog Pleasure"), und im Rahmen der Retrospektive im Filmmuseum gibt es ein Wiedersehen mit Hollywoods "B-Film" von 1935 bis 1959. Einen Schwerpunkt steuert auch das Filmarchiv Austria mit "Surviving Images" bei, in dem jüdische Lebenswelten im Stummfilmkino gezeigt werden.

Aber nicht nur die Kinos, auch das Festivalzentrum im Museumsquartier soll Dreh- und Angelpunkt für Filmfans werden. Hier gibt es neben musikalischen Abenden allen voran den Viennale-Aperitivo, der an ausgewählten Tagen zum ungezwungenen Austausch lädt. Hierfür haben sich etwa Regisseurin Claire Denis oder Jean-Francois Stevenin angesagt, ein anderes Mal gibt es Filmemacher im ungewohnten Einsatz an den Plattentellern zu erleben.

Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) bezeichnete das diesjährige Festival als "Einstieg in eine neue Ära unter Eva Sangiorgi. Sie legt den Fokus auf das, worauf es ankommt: den Film selbst." Schließlich genieße die Viennale nicht nur in Wien "Kultstatus". Die neue Direktorin richte ihren Blick auch "auf das Filmschaffen jenseits des Mainstreams, auf andere Welten und eine außereuropäischen Raum". Letztlich sei eine "tolle Durchmischung von Zeiten und Welten" zu erwarten.

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