APA - Austria Presse Agentur

Annabella Sciorra schildert Vorwürfe im Weinstein-Prozess

Die aus der Mafiaserie "Sopranos" bekannte Schauspielerin Annabella Sciorra hat beim Prozess gegen Ex-Filmproduzent Harvey Weinstein ihre Vergewaltigungsvorwürfe gegen den 67-Jährigen eindringlich geschildert. Die Darstellerin schilderte am Donnerstag vor dem Gericht in New York, wie der einstige Hollywood-Mogul sie im Winter 1993/94 in ihrer Wohnung vergewaltigt habe.

Weinstein habe sie damals nach einem Abendessen in ihre Wohnung in Manhattan gefahren, schilderte Sciorra. Sie sei bereits im Nachthemd gewesen, als er an ihrer Tür geklopft und sich in ihre Wohnung gedrängt habe.

Sciorra zeigte den Geschworenen, wie Weinstein damals ihre Hände über ihrem Kopf festgehalten haben soll. Sie habe sich gewehrt und geschrien, doch er habe sich mit seinem gesamten Gewicht auf sie gelegt und sei in sie eingedrungen - damals habe er dreimal so viel gewogen wie sie. "Er hat mich vergewaltigt", betonte Sciorra. "Es war so widerlich, dass mein Körper auf sehr ungewöhnliche Weise angefangen hat zu zittern. Ich wusste nicht einmal, was passierte."

Nach der Vergewaltigung habe Weinstein ihr Oralsex aufgezwungen, sagte die 59-Jährige. "Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht mehr viel Kampfgeist in mir. Mein Körper hat einfach zugemacht."

Dass sie damals keine Anzeige erstattete, begründete damit, dass sie niemals gedacht hätte, dass jemand sie vergewaltigen könne, den sie kenne und "nett" fand. "Zu der Zeit dachte ich noch, dass Vergewaltigungen in dunklen Gassen passieren - durch jemanden, den man nicht kennt." "Ich wollte so tun, als sei es niemals passiert."

Als sie später versucht habe, Weinstein auf den Vorfall anzusprechen, habe er sie bedroht. Seitdem habe sie ihn gemieden. Erst sehr viel später habe sie begriffen, dass sie vergewaltigt worden sei; und erst 2017, mehr als 20 Jahre später, habe sie sich einem Journalisten des Magazins "New Yorker" anvertraut.

Weinsteins Angriff habe sie traumatisiert und sie verschlossen gemacht, sagte Sciorra weiter aus. Sie habe angefangen zu trinken und sich zu ritzen. Während ihrer Aussage vermied Weinstein jeden Augenkontakt mit ihr.

Seine Anwältin Donna Rotunno versuchte, Zweifel an den Aussagen der Schauspielerin zu wecken. So seien zeitliche Angaben "vage". Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum Sciorra nicht mit Freunden oder dem Pförtner ihres Wohnhauses über den Vorfall gesprochen habe.

Rotunno zeigte Auszüge aus einem Interview aus dem Jahr 1997 mit Talkmaster David Letterman, in dem Sciorra zugab, Journalisten manchmal zum Schutz ihres Privatlebens zu belügen. "Sie sind professionelle Schauspielerin, richtig?", fragte die Anwältin die 59-Jährige und fügte hinzu: "In ihrem Job geben sie vor, jemand anderes zu sein als Sie sind. Lässt sich das fairerweise so sagen?" - worauf Sciorra mit einem knappen "Nein" antwortete.

Sciorra ist bei dem Weinstein-Prozess eine wichtige Zeugin - in ihrem Fall ist Weinstein allerdings wegen Verjährung nicht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft will die Geschworenen aber davon überzeugen, dass es bei dem einstigen Filmproduzenten ein Muster von sexuellen Angriffen auf Frauen gab. Am Freitag sollte eine Psychiaterin zu dem Phänomen aussagen, dass Opfer sexuelle Aggressionen manchmal über Jahre hinweg verdrängen.

In dem bis Anfang März angesetzten Prozess wird dem Gründer des Miramax-Filmstudios zur Last gelegt, der früheren Produktionsassistentin Mimi Haleyi 2006 Oralsex aufgedrängt und 2013 die Jungschauspielerin Jessica Mann vergewaltigt zu haben.

Insgesamt werfen mehr als 80 Frauen, darunter eine Reihe bekannter Schauspielerinnen, Weinstein sexuelles Fehlverhalten vor. Die meisten Fälle sind aber verjährt. Weinstein weist alle Vorwürfe zurück und spricht von einvernehmlichem Sex. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.