APA - Austria Presse Agentur

Bilderbuch setzten in der Arena Wien auf Old-School-Momente

Wenn Bilderbuch aktuell auf der Bühne stehen, klingt das nach einem richtigen Rockkonzert.

Die Band, die in den vergangenen Jahren den Popsound in Österreich revolutioniert hat, findet wieder Gefallen an handgemachter, auf das Wesentliche reduzierter Musik. Das beweist nicht nur das neue Album "Gelb ist das Feld", sondern auch die begleitende Tour, die das Quartett am gestrigen Donnerstag in die Wiener Arena führte.

Drei Jahre sind vergangen seit dem letzten Open-Air-Gig der Gruppe, wie Sänger Maurice Ernst das Publikum erinnerte - mal abgesehen vom Benefizkonzert für die Ukraine im Ernst-Happel-Stadion vor wenigen Wochen. Der Hunger war da, auf wie vor der Bühne: Schon der ziemlich groovige Opener "Golden Retriever" sorgte für klare Verhältnisse und präsentierte eine Band, die - unterstützt von Katrin Paucz an Gitarre und Vocals sowie Lukas König an den Percussions - einfach viel gute Laune verbreiten wollte.

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Dazu passt auch das vor wenigen Wochen veröffentlichte Liedgut. Auf "Gelb ist das Feld" dominiert immerhin die romantische Liebe in all ihren Ausformungen, sei es das sphärische "Zwischen deiner und meiner Welt" oder das sich ob seiner prägnanten Synthie-Melodie immer mehr zum Hit mausernde "Dates". Hip-Hop-Beats und krude Experimente sucht man bei Bilderbuch im Jahr 2022 vergebens, stattdessen regiert eine wieder gefundene Freude am gemeinsamen Spiel, die sich auch in einer ziemlich reduzierten Bühnenshow ausdrückte. Ein paar überdimensionale Stoffbahnen in Grün und Weiß sowie das effektvoll eingesetzte Licht waren an diesem Abend genug, um die lauten wie leisen Töne entsprechend zu akzentuieren.

Aber eigentlich reichte dafür auch ein Mann: Maurice Ernst ist und bleibt ein Entertainer, wie es wohl nur wenige im heimischen Musikzirkus gibt. Zwar war er schon mal exaltierter unterwegs, aber wer sich so schön an sein Wien wendet und die Leute um den kleinen Finger wickelt, der kann den Hüftschwung schon mal etwas zurückhalten - was nicht bedeutete, dass die enthusiasmierte Menge ganz darauf verzichten musste. Immerhin waren ihm die angenehmen Mai-Temperaturen Grund genug für eine Entblößung des Oberkörpers (Kreisch!).

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Aber zurück zur Musik: So schwungvoll vieles vom neuen Material in der Liveumsetzung gelang - nicht zuletzt dank eines hervorragend aufgelegten Michael Krammer, der seiner Gitarre einige wunderbare Soli entlockte -, waren es dann doch wieder die immer noch jungen Klassiker der Band, die für Ekstase sorgten. "Bungalow" entführte in den Süden, "Willkommen im Dschungel" ließ die Temperatur steigen und die große Friedenshymne "Europa 22" war im Zugabenblock eine erwartbar sichere Bank. Dazwischen lag es nicht nur an "Nahuel Huapi" oder dem großartigen "Frisbeee", dass man an die eigenen Tanztugenden erinnert wurde. Ja, Bilderbuch wissen eben, was in die Beine fährt.

Bleibt die Frage, ob es große Überraschungen gab? Vielleicht die, dass eine Gruppe, bei der sich die Erwartungshaltung über die Jahre ins schier Unermessliche gesteigert hat, einen wunderbar soliden und dabei geradezu geradlinig Gig ablieferte. Klar, "Maschin" war nach ziemlich genau zwei Stunden die Abrissbirne, die alle Dämme brechen ließ und den obligatorischen Rausschmeißer markierte.

Aber letztlich war es die Lust am eigenen Tun, die so ansteckend wirkte. Wer sich wie Bassist Peter Horazdovsky früh im Set den Stöckelschuh ruiniert, um dann barfuß weiter zuspielen, oder dermaßen tight den Groove vorgibt wie Drummer Philipp Scheibl, der vermittelt verdammt authentisch ein Rock'n'Roll-Gefühl, das Bilderbuch selbst vor einigen Jahren wohl nicht für möglich gehalten hätten. Da bleibt nur, den Hut zu ziehen und sich auf die kommenden Auftritte zu freuen. Eben ein Abend wie aus dem Bilderbuch.