APA - Austria Presse Agentur

Charli XCX ist sehr egoistisch, wenn es um ihr Musik geht

So klingt die Zukunft: Die britische Popmusikerin Charli XCX hat sich Zeit gelassen für ihre dritte Studioplatte. Auf dem simpel "Charli" betitelten Album versammelt die 27-Jährige jetzt aber nicht nur eine ganze Armada an namhaften Kollegen, sondern auch einige der spannendsten Songs ihrer Karriere. "Vielleicht klingt es, als ob ich die Hörer herausfordere. Aber ehrlich: Es ist mir egal!"

Wer sich so trotzig über seinen eigenen Output äußert, der hat wenig zu verlieren. Ohnehin ist Charlotte Emma Aitchison, wie die Sängerin bürgerlich heißt, nicht dafür bekannt, den einfachen Weg zu wählen oder sich mit ihren Aussagen zurückzuhalten. Mit eigenen Songs ebenso erfolgreich wie als Songwriterin für andere Künstler (man denke an den Megahit "I Love It" von Icona Pop), legt Charli XCX nun ihre ausgefeilteste Arbeit vor. Knallig und bunt, mit emotionalen wie persönlichen Texten und einem reichlichen Angebot an Ohrwurmmelodien.

Dabei war Charli XCX schon seit ihrem Vorgänger "Sucker" (2014) äußerst aktiv und hat zwei Mixtapes vorgelegt. Ist die neue Platte nun anders zu bewerten? "Nein, eigentlich nicht. Klar waren das keine klassischen Alben, aber ich habe sie nur deswegen Mixtapes genannt, um sie einfacher zu veröffentlichen - ohne mein Label", grinste die Britin im APA-Interview. "Was das Album betrifft: Vielleicht fühlt es sich ein bisschen anders an, wirkt wie eine größere Sache. Aber für mich ist es dasselbe, alles ist wichtig. Der Konsum von Musik geschieht heutzutage so schnell, dass eine Fortführung deiner Kreativität ganz wichtig ist. Früher war das Album wie ein Endspiel, heute ist es einfach nur ein weiterer Schritt im Prozess."

Es habe sich schließlich viel verändert, so Charli XCX. "Aufgrund von Social Media müssen manche Künstler dauernd präsent sein. Meine Fans sind beispielsweise sehr interaktiv und online sehr umtriebig. Sie wissen, was angesagt ist, kümmern sich um neue Trends und sind vorne mit dabei. Also habe ich das Gefühl, dass ich dem gerecht werden muss", überlegte Charli XCX. "Was allerdings nicht heißen soll, dass ich mich als Trendsetterin oder dergleichen betrachte, keinesfalls", wiegelte die Sängerin ab. "Aber ich habe immer das Bedürfnis zu arbeiten. Das spielt da wohl auch hinein."

Auf Trends und Hypes lässt sich "Charli" trotzdem bestens untersuchen. Der größte Pluspunkt dieser 15 Songs ist sicherlich ihr Abwechslungsreichtum. Etwa das mit einem herrlich-schrägen Breakdown aufwartende "Click" oder die 90er-Hymne "1999" - da sind allerlei Zutaten enthalten, die laut "Retro" schreien, gleichzeitig versteht es Charli XCX aber, ihrem Sound einen sehr zeitgemäßen Anstrich zu verpassen. Mit ein Grund dafür ist Produzent A.G. Cook, mit dem sie schon länger zusammenarbeitet. "Wir verstehen uns einfach blind und können unsere Gedanken lesen. Dabei war unser erstes Treffen so peinlich", erinnerte sich Charli XCX. "Mir ging es ganz schlecht, aber er hat mich einfach trotzdem bestärkt."

Neben Cook sind es auch Künstler wie Sky Ferreira, Troye Sivan, Lizzo oder Christine and the Queens, die "Charli" zusätzliche Farben verpassen. Mehr als ein Dutzend Kollaborationen finden sich auf der Platte. "Ich habe gemerkt, welch gute Kuratorin ich bin. Es macht Spaß und fühlt sich einfach richtig an, mit all diesen Leuten zusammenzuarbeiten. Ich wurde von ihnen wirklich inspiriert", sagte Charli XCX. "Außerdem sind viele von ihnen Freunde von mir - und meine Songs handeln nun mal von mir, meinem Leben, meiner Familie und meinen Freunden."

Die Zusammenarbeit passiere stets auf Augenhöhe, wie sie unterstrich. "Es geht mir nicht darum, sie in meine Welt hineinzuziehen oder eine Charli-Version dessen zu machen, wofür sie stehen. Sie sollen ganz sie selbst sein, sich wohlfühlen und einfach das tun, wonach ihnen ist. Dadurch wird es wirklich spannend, weil es keine Agenda gibt. Wir machen gemeinsam den Song, den wir lieben." Würde das Zwischenmenschliche nicht passen, bräuchte man auch an keine Zusammenarbeit denken, meinte Charli XCX.

Und der persönliche Zuschnitt vieler Songs? "Diese Geschichten sind relativ neu für mich", gab sich die Musikerin nachdenklich. "Klar waren Partys, meine Familie oder Beziehungen schon mal Thema. Aber jetzt geht es um meine Psyche, meine Gesundheit oder meine Unsicherheiten und Sorgen. Ich habe mir aber kein bestimmtes Ziel gesetzt, sondern wollte einfach spontan sein." Nicht zuletzt ihre Fans würden sie darin bestärken. "Ich habe eine sehr persönliche Beziehung zu ihnen und fühle mich sehr geliebt. Das hat mir sicher auch die Kraft für diese Songs gegeben."

Einen weiteren Einfluss nehmen die Leute "draußen" allerdings nicht, wie ihr wichtig war zu betonen. "Ich denke nur an mich, wenn ich Songs schreibe. Was die Leute hören wollen? Das ist egal. Es geht um mich und was ich hören will. Natürlich soll jede neue Veröffentlichung besser werden, aber eher aus meiner persönlichen Perspektive. Ich bin sehr egoistisch, wenn es um meine Musik geht - ich mache sie nur für mich!" Eine Einschränkung gebe es aber schon: "Wenn sie dann veröffentlicht wird, gehört sie nicht mehr mir. Dann liegt es an den Leuten, sie zu interpretieren. Sie sollen eine Verbindung dazu aufbauen." Das dürfte im Falle von "Charli" recht schnell geschehen.