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Das Schlumpfine-Prinzip: Allein unter Männern

Was haben die "Avengers", die Coaches von "The Voice of Germany" und die Muppets gemeinsam?

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Die Avengers sind das Herzstück der erfolgreichsten Filmreihe aller Zeiten – vor allem aber sind sie eine Würstchenparty. In Endgame, dem großen Finale der Marvel-Infnity-Saga, ist das Weltrettungs-Kommando zwar breiter aufgestellt als anfangs, die originale Besetzung der Avengers bestand jedoch (zumindest in der Filmversion) aus fünf Männern und einer Frau: Black Widow.

Wonder Woman in Justice League. Gamora in Guardians of the Galaxy. Susan Storm in Fantastic Four. Hermione in Harry Potter. Leia in Star Wars. Ariadne in Inception. Tess in Ocean's Eleven. Eleven in Stranger Things. Penny in The Big Bang Theory. Elaine in Seinfeld. Miss Piggy in der Muppet Show. All diese Figuren haben dasselbe Problem: Sie sind die einsame Schlumpfine in einer Gruppe von Männern.

Das Schlumpfine-Prinzip beschreibt ein Muster in Film und Fernsehen, bei dem einem rein männlichen Ensemble eine einzige weibliche Figur beigestellt wird. Beschrieben wurde das Phänomen erstmals 1991 von der Schriftstellerin Katha Pollitt, die durch die Erziehung ihrer Tochter bemerkte, dass viele Cartoon-Serien einen überproportional hohen Anteil an männlichen Charakteren aufweisen: "Die Nachricht ist klar: Jungs sind die Norm, Mädchen die Abweichung; Jungs sind zentral, Mädchen peripher; Jungs sind Individuen, Mädchen eine Sorte. [...] Mädchen existieren nur in Relation zu Jungs."

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Namensgebend weil Paradebeispiel für dieses Prinzip ist die blaue Zwergin Schlumpfine – die einzige Frau in einem ganzen Dorf voller männlicher Schlümpfe. (Schlumpfines Geschichte ist für sich allein problematisch genug: Sie wird ursprünglich vom bösen Zauberer Gargamel mit schwarzen Haaren und etwas größerer Nase erschaffen, um Unruhe unter die Schlümpfe zu bringen, bis sie von Papa Schlumpf in die "gute" Schlumpfine verwandelt wird – von nun an mit blonder Mähne, High Heels und Sexappeal.)

Auch im Talentshow-Sektor findet man das Prinzip "Einsame Frau": Sieht man sich die aktuellen Jury-Besetzungen von Casting-Formaten wie American Idol, Deutschland sucht den Superstar oder Das Supertalent an, sitzt dort überall eine mittig platzierte Dame, umgeben von zwei oder drei Männern. American Idol verpflichtete einst Nicki Minaj und Mariah Carey als Jurorinnen und etablierte bereits im Vorfeld einen Zickenkrieg-Handlungsstrang, der den Irrglauben bediente, Frauen kämen einfach nicht miteinander aus. Auch beim deutschsprachigen DSDS gab es über die Jahre bereits vierköpfige Jurys mit zwei Frauen – beim ProSieben-Konkurrenten The Voice of Germany wartet man darauf bis heute.

The Voice of Germany läuft seit 2011 erfolgreich auf ProSieben/Sat.1 und wird gerne mal als authentischere Casting-Alternative zur RTL-Retorte positioniert. In der Show werden angehende Nachwuchstalente von einer Jury aus etablierten Popstars bewertet, die hier aber "Coaches" genannt werden. In der bisherigen Geschichte der Sendung, die immerhin auf acht Staffeln zurückblicken kann, bestand diese Jury jedes Mal aus vier Männern – wobei ein Posten traditionell als "Doppelstuhl" von einem Duo besetzt ist – und einer einzigen weiblichen Jurorin.

Wenn man also alle Coaches aufzählt, die von 2011 bis 2018 in acht Staffeln von The Voice of Germany mitwirkten, dann kommt man insgesamt auf 13 männliche und 3 weibliche JurorInnen.

Warner Brothers/DC

Das Schlumpfine-Prinzip zieht sich sowohl durch die meisten internationalen Länderableger, als auch durch die deutschen Kinder- und Senioren-Ausgaben der Show. Und selbst als in der siebten Staffel von The Voice Kids mit Lena Meyer-Landrut und Stefanie Kloß erstmalig zwei Frauen in einer deutschen Voice-Jury saßen, waren die männlichen Kollegen – vertreten durch Mark Forster und ein Boss-Hoss-Doppel – immer noch in der Überzahl.

Ganz aussichtslos ist die Voice-Misere aber nicht – manchmal dauert es einfach ein bisschen länger, bis Fernsehsender sich trauen, das Prinzip abzulegen, wie man an der amerikanischen Variante der Show erkennen kann: Dort mussten erst zehn Staffeln vergehen, bis 2016 zum ersten Mal zwei weibliche Coaches in der vierköpfigen Jury saßen. (Die aktuell laufende Staffel kehrt wieder zum Schlumpfine-Prinzip zurück, aber zumindest weiß das Publikum jetzt, dass Frauen nebeneinander existieren können.)

Vor Kurzem wurde bekanntgegeben, dass sowohl Yvonne Catterfeld als auch die Doppelstuhl-Besetzer Michi und Smudo nicht in der kommenden Staffel von The Voice of Germany mit dabei sein werden. Ob diesen Herbst mehr als eine Quotenfrau in der Jury sitzen wird, bleibt abzuwarten.