APA - Austria Presse Agentur

"Ein Giro in Triest": Historischer Krimi spielt im Jahr 1914

Man muss nicht Geschichte studiert haben, um mit dem Attentat auf das Thronfolger-Ehepaar in Sarajevo sowie den Vorwehen des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 als historischem Stoff vertraut zu sein. Genau in dieser Phase und mit Schauplatz Triest spielt Christian Klingers historischer Krimi "Ein Giro in Triest", der heuer im Picus-Verlag erschienen ist. Auf Basis der aktenkundigen Fakten hat der Autor eine Erzählung geschmiedet, die Einblicke in die damalige Polizeiarbeit gibt.

Gaetano Lamprecht - sein italienischer Vorname samt deutschsprachigem Familiennamen rührt daher, dass seine Mutter Italienerin ist und der Vater Wiener - wird als Ispettore mit dem Fall eines vermeintlichen Suizids eines Soldaten betraut. Er ist der einzige, der Hinweise auf ein Fremdverschulden ortet, legt den Fall jedoch nach ein paar Tagen doch als Selbstmord zu den Akten - nicht zuletzt auf Druck der Armee, welcher ihm doch seltsam erscheint.

Dann aber überschlagen sich die Ereignisse, Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie Chotek werden in Sarajevo ermordet. Die Särge des Thronfolger-Ehepaares sollen auf dem Flaggschiff der k.u.k. Kriegsmarine, der Viribus Unitis, nach Triest überstellt werden. In jene Stadt also, die sich zunehmend zu einem Schmelztiegel aus Monarchie-treuen Menschen, verbotenem Italo-Nationalismus und Hass auf Serben und Slawen entwickelt.

Und in eben jener aufgeladenen Stimmung tauchen Gerüchte auf, dass die Särge mit den royalen Leichnamen von der Viribus Unitis gestohlen werden sollen. Die Unruhe ist groß, denn wer steckt hinter solchen Bestrebungen? Oder handelt es sich um einen Bluff? Ispettore Gaetano jedenfalls, der sich als treuer Dienstleister für das Haus Habsburg sieht, will alles daran setzen, die Schmach einer Schiffsankunft am Hafen von Triest ohne Leichname zu verhindern. Bei seinen aufwendigen Ermittlungen hat er nicht nur wenige Unterstützer, sondern begibt sich auch mehrmals in lebensgefährliche Situationen.

Letztlich weiß der Polizist nicht, wem er in diesem Dickicht aus Militärs, Politgrößen und möglichen Kriegstreibern trauen kann. Jede Assistenz für seine Ermittlungen kann sich auch als Falle herausstellen und es ist schwer abzuschätzen, wer auf welcher Seite steht. Somit ergeben sich in der spannenden Handlung nicht wenige überraschende Wendungen, in der plötzlich auch der vermeintliche Soldaten-Suizid eine Rolle spielt.

Was Christian Klinger in dieser Erzählung besonders gut gelingt, ist das Flair der damaligen Zeit in die Handlung einzubetten. Strom und "diese neuartigen Glühbirnen" werden als "moderne Annehmlichkeiten", die sich damals nicht jeder leisten konnte, beschrieben. Doch auch sprachlich gelingt dem Autor der Transfer in die damalige Epoche: Zum sonntäglichen Kirchgang wird festliche Kleidung "angelegt" und mittags wird nicht einfach gegessen, sondern "der Mittagstisch abgehalten". Zudem ist der Sohn mit dem Vater per Sie.

Und wo man sich heute einen Polizisten vorstellt, der via Handy das soeben Herausgefundene an seine Dienststelle weitergibt, möglicherweise sogar mit Fototransfer, da muss Gaetano dazuschauen, in der Nähe seiner Ermittlungsorte Möglichkeiten zum Telegrafieren zu finden, um Informationen überhaupt noch rechtzeitig durchgeben zu können. Ach ja, auch der "Giro" im Titel kommt nicht von ungefähr, denn Gaetano Lamprecht ist neben seiner Arbeit begeisterter Radrennfahrer, der eine Teilnahme beim damals noch für Amateure offenen Giro d'Italia anpeilt.

(S E R V I C E - Christian Klinger: "Ein Giro in Triest. Gaetano Lamprecht ermittelt", Picus, 296 Seiten, 20,00 Euro)