APA - Austria Presse Agentur

Ein Mann unter Dampf: Ioan Holender feiert 85. Geburtstag

Er gehört immer noch zu den prominenten Figuren der heimischen Kulturszene, auch wenn er vor mittlerweile zehn Jahren die Seiten gewechselt hat: Ioan Holender feiert am Samstag seinen 85. Geburtstag. Auch als er 2010 nach stolzen 19 Jahren als längstgedienter Direktor der Wiener Staatsoper mit tadellosen Bilanzzahlen abtrat, wurde es keineswegs ruhig um die laute Stimme der Kultur.

Mittlerweile seit zehn Jahren ist der Jubilar schon als Moderator und Gestalter der Kultursendung "kulTour mit Holender" in der Welt unterwegs für Servus TV, ist als Berater und als Universitätslehrer aktiv und lässt hin und wieder seinen markanten Bariton zum Kulturgeschehen vernehmen. Diese Vielseitigkeit nach der Staatsopern-Karriere war aber auch schon vor seinem Engagement am Ring kennzeichnend für den am 18. Juli 1935 im Timisoara (Rumänien) geborenen Holender, wie er ausführlich in seiner 2001 im Böhlau Verlag erschienenen Autobiografie ("Von Temesvar nach Wien") nachzeichnet, die er 2010 mit dem programmatischen Titel "Ich bin noch nicht fertig" (Zsolnay) komplettierte.

Holender studierte an der Technischen Universität seiner Heimatstadt Maschinenbau mit der Fachrichtung Dampfmaschinen, bis er 1956 aus politischen Gründen vom Studium ausgeschlossen wurde - ein vermeintlicher Karriereknick, der sich letztlich als Karriereboost erweisen sollte. In Wien arbeitete er drei Jahre später zunächst als Tennistrainer, als Statist am Burgtheater, als Regieassistent an der Volksoper und als Regisseur an Wiener Kleinbühnen wie dem Theater in der Josefsgasse.

Mit einem Stipendium der Stadt Wien konnte Holender dann aber ein Gesangsstudium am Konservatorium der Stadt aufnehmen. Von 1962 bis 1966 war er als Opernbariton und Konzertsänger tätig, nach seinem Debüt in St. Pölten unter anderem zwei Jahre am Stadttheater Klagenfurt. 1966 trat Holender als Mitarbeiter in die Theateragentur Starka ein. Holender machte aus der traditionellen Schauspieleragentur, die er später als Inhaber weiterführte, die größte Künstler- und vor allem Sängeragentur Österreichs, die viele internationale Topstars vertrat.

1988 allerdings verkaufte Holender seine Agentur, denn eine neue Aufgabe lockte: Eberhard Waechter hatte ihm angeboten, mit ihm als Generalsekretär in die Direktion von Staats- und Volksoper einzutreten. Nach Waechters plötzlichem Tod 1992 führte Holender die beiden Häuser alleine auf ihrem Reformkurs weiter: Einsparungen sollten den Repertoirebetrieb langfristig sichern. Meilensteine seiner Direktionszeit (festgehalten im großformatigen Band "Direktion Ioan Holender 1991-2010" in der Edition Lammerhuber) waren nicht zuletzt die drei Uraufführungen von Adriana Hölszkys "Die Wände" (1995), Alfred Schnittkes "Gesualdo" (1995) und der Cerha/Turrini-Oper "Der Riese vom Steinfeld" (2002).

Als Holender dann schließlich 2010 als am längsten amtierender Direktor der Wiener Staatsoper seit Eröffnung des Hauses 1869 sein Amt verließ, glaubte wohl niemand aus der Kulturszene, dass es fortan still um den Tausendsassa werden würde - ein Eindruck, den Holender seither auch nicht erweckte. So wurde er abseits der Staatsopern-Pfade aktiv und etwa in den Jahren 2002 bis 2004 künstlerischer Berater der Deutschen Oper Berlin. In selber Funktion wurde er auch für die Metropolitan Opera New York und das Spring Festival in Tokio tätig. Das rumänische Musikfestival George Enescu berief ihn 2003 zum künstlerischen Direktor - eine Position, die er bis 2015 innehatte.

In Österreich etablierte sich Holender in den vergangenen Jahren aber primär als Rundfunk- und Fernsehmann. Noch im Jahr seines Staatsopern-Abschieds begann er für die Ö1-Reihe "Apropos Musik" Prominente wie ORF-Chef Alexander Wrabetz oder seinen Amtsnachfolger Dominique Meyer zu interviewen. Das ATV-Talkformat "Termin bei Holender" wurde zwar nach nur vier Folgen eingestellt, dafür reist der TV-Jungspund nach wie vor für Servus TV mit seinem Format "kulTour mit Holender" von Kulturhighlights zu versteckten Geheimtipps, um frühere Weggefährten und den Nachwuchs zu befragen. Am Freitag (17. Juli) steht das nahende Geburtstagskind dann selbst Rede und Antwort, wenn ab 22.10 Uhr auf Servus TV unter dem Titel "Ioan Holender - Ansichtssache" ein großes Interview mit dem Jubilar ausgestrahlt wird.

All die Jahrzehnte der Kulturarbeit an den verschiedensten Fronten blieben auch sonst nicht ungewürdigt. So ist der Vater zweier Söhne und einer Tochter unter anderem Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens der Republik, des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, ist Officier des Französischen Ordens der Künste und der Literatur sowie Commendatore des Verdienstordens der Italienischen Republik. Und nicht zuletzt wurde Ioan Holender 1996 die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Timisoara angetragen. Ruhestand sieht also wahrlich anders aus.