APA - Austria Presse Agentur

Erstes Album von Mira Lu Kovacs unter ihrem eigenen Namen

Der Output von Mira Lu Kovacs ist enorm. Nach drei Platten mit ihrem Trio Schmieds Puls, Veröffentlichungen in den Bands 5K HD und My Ugly Clementine sowie etlichen weiteren Kollaborationen bringt die österreichische Musikerin nun mit "What Else Can Break" erstmals eine Platte unter ihrem eigenen Namen heraus. Musikalisch regiert beim ersten Höreindruck zwar die Melancholie, "aber irgendwo kommt dann doch die Hoffnung her", schmunzelt Kovacs. "Ob ich es will oder nicht."

Keine zehn Jahre sind seit dem Debüt mit Schmieds Puls ("Play Dead" von 2013) vergangen, aber in dieser Zeit hat sich die Sängerin und Songwriterin einen Fixplatz in der heimischen Szene erarbeitet. Jazz, Avantgardepop, Indierock - die Spielarten wechselt sie dabei ebenso leichtfüßig wie die Tonlagen. Dass nun - von einer vor zwei Jahren erschienen Liveplatte abgesehen - erstmals ihr Name auf dem Albumcover steht, sei eine Entwicklung gewesen, wie Kovacs im APA-Interview erzählt.

"Als wir beschlossen haben, nicht mehr zusammen zu spielen, habe ich noch ein bisschen nachgefühlt", erinnert sie sich an das Bandende von Schmieds Puls, neben ihr aus Walter Singer und Christian Grobauer bestehend. "Nach ein paar Monaten war klar, dass ich den Namen ablegen muss - alleine aus Respekt vor der Geschichte, welchen Sound ich mit den Jungs kreiert habe. Wenn man mein neues Album hört und den Schmieds-Puls-Sound erwartet, wird es nicht das Gleiche sein", so Kovacs. "Ich finde es gut, ein neues Kapitel aufzuschlagen."

Das tut "What Else Can Break" tatsächlich: Reduzierter als ihre bisherigen Arbeiten, fokussiert Kovacs hierfür stark auf bestimmte Muster, erzeugt durch Repetition besondere Stimmungen und bezirzt das Ohr mit eingängigen Melodien. "Es ist ein bisschen poppiger, vielleicht straighter manchmal", nickt sie zu dieser Einschätzung und wirft lachend nach: "Ich versuche mir meine Schnörkel abzugewöhnen - ohne dass ich sie verachte. Ich mag meinen Hang zu schrägeren Formen. Aber mir war wichtig, Popsongs zu schreiben. Früher habe ich mich manchmal ein bisschen verloren in Spielereien."

Textlich zeigt sich Kovacs gleichermaßen direkt wie persönlich. "Es geht sehr stark um Selbstliebe, das muss man ganz gerade raus sagen", unterstreicht die Künstlerin. "Letztlich ist es ein Heartbreak- und Heartache-Album. Der Schlüsselbegriff ist insofern radical softness. Es geht darum, dass dahinter eine Stärke steckt", so Kovacs. "Man kann sich sowohl öffnen, als auch in dem Moment die Hand ausstrecken und auf Kontakt gehen." Das sei ihr Ende 2019 bei einigen Soloauftritten gelungen. "Da hatte ich das Gefühl: Das ist jetzt was anderes. Ich wollte unbedingt spüren, dass da wer ist und wer da ist."

Sehr bewusst war auch der Umgang mit Worten und Begriffen. "Ich habe mir da einiges erlaubt", sagt Kovacs und erzählt von einem Podcast-Interview, bei dem ihre Gesprächspartnerin über die schwierige Verwendung von "love" sinniert hat. "Ich habe mir dann meine Texte angeschaut und war zunächst beschämt. Soll ich das nicht sagen? Aber ehrlich: Man darf alle Worte verwenden, wenn man sie auch meint. Das fühlt sich eben anders an." Gleichzeitig sei es legitim, bestimmte Wörter nicht zu verwenden. "Aber mir ist es eben wichtig. Auch Superlative! Wie in 'Most Beautiful Boy': Ich will da maßlos übertreiben. Außerdem sagt man nicht so oft zu Männern: You are beautiful. Das fand ich einfach schön. Solche Sachen wollte ich mir unbedingt erlauben. Sie sind urkitschig, aber sie sind die Wahrheit für mich."

Den Abschlusstrack "Stay A Little Longer", in dessen Zeilen sich auch der Albumtitel versteckt, hat Kovacs während einer Coronainfektion im Vorjahr geschrieben. "Mir ging es auch psychisch nicht so gut - ganz unabhängig von Covid, auch wenn es nicht geholfen hat", lacht sie. "Diesen Text habe ich mir dann selber geschrieben. Das konnte mir gerade niemand anderer sagen. Und wenn, dann hätte ich es wahrscheinlich nicht gehört und es wäre mir nicht so viel wert gewesen. Es ist eine Ode ans Scheitern. Das ganze Album, so traurig und dramatisch es ist, ist auch hoffnungsvoll. Das passiert mir. So sehr kann ich das gar nicht unterdrücken." Und in der betreffenden Passage sage sie sich selbst: "Bleib, um zu scheitern. Denn mit jedem Scheitern geht man einen Schritt weiter und lernt etwas Wichtiges. Das klingt pathetisch, aber so ist es nun mal."

Ob die bis auf zwei Ausnahmen gemeinsam mit Sophie Lindinger produzierten Tracks heuer auch noch das Bühnenlicht erblicken werden, ist aktuell ziemlich unsicher. "Es wäre sehr schön, wenn wir ein bisserl spielen könnten", übt sich Kovacs in Vorsicht. "Es ist einiges geplant für Herbst und Winter, aber ich weiß nicht, ob ich damit rechnen kann. Selbstverständlich ist es nicht. September? Hm. Dezember? Vielleicht."

Abgesehen davon hoffe sie, dass "wir nicht zu einer sogenannten Normalität zurückkehren", spricht die Künstlerin die gesellschaftliche Komponente in Coronazeiten an. "Da bin ich zwar skeptisch aufgrund der politischen Lage. Aber es wäre toll, wenn wir reflektieren könnten, dass wir von der Hektik nicht glücklich geworden sind. Wenn uns jetzt nicht klar wird, dass der Kapitalismus nicht für den Menschen gemacht ist, dann weiß ich nicht, was passieren muss. Es wäre echt an der Zeit, weniger zu machen."

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)