APA - Austria Presse Agentur

Ihr Werk bleibt lebendig: Vor zehn Jahren starb Pina Bausch

Pina Bausch, die Pionierin des Tanztheaters, starb am 30. Juni 2009 völlig überraschend mit 68 Jahren. Nur fünf Tage zuvor hatte die Choreografin von ihrer Krebserkrankung erfahren. Die Tanzwelt war geschockt. Es gab kein Testament, die Nachfolge war ungeklärt. Doch ihr Erbe ist weiter aktuell. Das von ihr gegründete Tanztheater tritt auf wie eh und je, heuer auch beim ImPulsTanz-Festival in Wien.

Zu Hause ist das Ensemble seit 46 Jahren in Wuppertal. Die Stadt will das Werk der Choreografin in Ehren halten und ein Pina-Bausch-Zentrum errichten. Die weltberühmte Künstlerin mit dem streng im Nacken gebundenen Haar hat keine Wohlfühlstücke geschaffen. Es geht beispielsweise um Angst, Not, Träume oder Paarbeziehungen. Die collagehaft zusammengesetzten Szenen sind ergreifend, voller Anspielungen, Humor und Kraft. Die Männer tanzen oft im Anzug, die Frauen in langen Kleidern und auf hohen Absätzen. Die Hälfte der heute 32 Mitglieder der Compagnie hat noch mit der Gründerin gearbeitet.

Die poetische Bewegungssprache des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch ist international. Die hagere Choreografin wurde mit Preisen überhäuft: vom japanischen Kyoto-Preis, dem Goldenen Löwen in Venedig bis zur Aufnahme in den Orden Pour le merite. Die Anfänge in den 1970er-Jahren in Wuppertal allerdings waren turbulent: Die Besucher schmissen mit Tomaten und stürmten türenknallend aus der Vorstellung. Erst allmählich wurde das Tanztheater geschätzt und gefeiert, auch international.

"Mich interessiert nicht, wie die Menschen sich bewegen, sondern, was sie bewegt", ist eines der bekannten Zitate der Gastwirtstochter Philippine aus Wuppertals Nachbarstadt Solingen. Sie war wortkarg, sprach im Tonfall des Bergisches Landes und mit langen Pausen. Und meist hatte sie dabei eine Zigarette in der Hand.

Wie war es nach ihrem plötzlichen Tod? "Das ist eine ganz komplizierte Situation gewesen", sagt Bettina Wagner-Bergelt, die seit einem halben Jahr Intendantin ist. Sie hebt die Rolle des Ensembles hervor: In den ersten Jahren übernahmen erfahrene Tänzer die Probenleitung und hielten die Stücke am Leben. Doch das sonst so diskrete Tanztheater machte auch Schlagzeilen: Die erste Intendantin, Adolphe Binder, wurde nach kurzer Amtszeit im Sommer 2018 vor die Tür gesetzt. In der ersten Runde war ihre Klage gegen die Kündigung erfolgreich.

Das künstlerische Erbe liegt bei der Pina-Bausch-Foundation. Salomon Bausch gründete die Stiftung wenige Wochen nach dem Tod seiner Mutter. Die Stiftung verfügt über Tausende Videos, Fotos und Briefe. In hohen Schränken und auf mehrere Etagen verteilt, lagert der Urstoff der Bausch-Werke in einem schlichten Hinterhof in Wuppertal. Die Stiftung hat die Rechte an den 46 Stücken. Darunter sind Klassiker wie "Vollmond", "Nelken" oder "Café Müller". Auch andere Compagnien wollen die Werke aufführen. Im Dezember bringt das Ballett der Semperoper in Dresden die Choreographie zur Oper "Iphigenie auf Tauris" von 1974 heraus.

Die stets von Finanzsorgen geplagte Stadt Wuppertal will dem Werk der Choreografin eine künstlerische Heimat geben. Das geplante Pina-Bausch-Zentrum soll unterkommen im ehemaligen Schauspielhaus, das derzeit aus Kostengründen nicht bespielt wird. In den 58 Millionen Euro teuren Erweiterungsbau sollen in ein paar Jahren das Tanztheater und die Pina-Bausch-Foundation einziehen. Der Bund hat 30 Millionen Euro zugesagt, das Land Nordrhein-Westfalen ist auch dabei.

Am zehnten Todestag von Pina Bausch gastiert die Compagnie in Paris – und zwar mit zwei im vorigen Jahr uraufgeführten Stücken von Gastchoreografen. Eine Gedenkfeier in Wuppertal gibt es erst am 3. Oktober nach einer Vorstellung. Reden sind nicht geplant. Davor gibt es auch in Wien die Möglichkeit, sich mit dem Werk von Pina Bausch auseinanderzusetzen: Ab dem 16. Juli ist ihre Compagnie mit "Masurca Fogo" im Rahmen von ImPulsTanz zu Gast. Insgesamt sind vier Vorstellungen im Burgtheater angesetzt.