APA - Austria Presse Agentur

Italienischer Musiker Angelo Branduardi wird 70

Wenn man den italienischen Musiker Angelo Branduardi nach seinem eigenen Lieblingslied fragt, ist er nach kurzem Zögern sicher: "Ich mag mein erstes Lied am liebsten, das ich mit 18 komponiert habe. Es heißt 'Confessioni di un malandrino' (Bekenntnisse eines Rowdys)." Der Liedermacher und Geiger, der am Mittwoch 70. Geburtstag feiert, arbeitet oft mit Texten anderer, teils aus dem Mittelalter.

Was der Italiener daraus macht, trägt stets seine unverkennbare Note: Branduardis Mischung aus mystisch anmutenden Klängen, Italo-Pop, Klassik, Ethno-Folk, Schnulzen und Lyrischem hat ihm über Jahrzehnte einen treuen Stamm von Fans erhalten. Sein Lieblingssong handelt von einem Bauernsohn, den die Eltern nicht verstehen, weil er Dichter wurde - der aber die Kindheitserinnerungen und die Gradlinigkeit armer Leute preist. Bei Konzerten trägt der Musiker, der häufig ältlich als Barde oder Balladensänger bezeichnet wird, das Stück bisweilen zu gezupftem Gitarrensound vor.

Auch Branduardi, geboren 1950 im kleinen Ort Cuggiono bei Mailand, stammt aus einer eher ländlichen Familie. Doch sein außergewöhnliches Talent fiel früh auf. Also bekam er nach eigenen Angaben als Fünfjähriger Geigenunterricht. Später studierte er - nach einer Zwischenstation an einem Touristik-Institut in Mailand - Philosophie und wandte sich wieder der Musik zu.

Seine erste Langspielplatte erschien 1974. Seitdem kreiert er alle paar Jahre etwas Neues. Sein schwungvoll-melodisches Lied vom Wasserfloh "La pulce d'acqua", was später auf kaum einem Konzert fehlen durfte, entwickelte sich zum Radiohit. Der Song von der gleichnamigen Platte (1977) machte den Sänger mit dem Wuschelkopf auch in anderen Ländern bekannt.

In den 80ern schwärmten auch Teile der friedensbewegten jungen Leute für den Liedermacher. Andere kritisierten Branduardi als zu harmlos, zu spirituell. Er selbst sagt oft, er möge sich am liebsten, wenn er nicht zu intellektuell daherkomme.

Schon früh teilte er sich die kreative Arbeit mit seiner Frau Luisa, mit der er seit Mitte der 70er Jahre verheiratet ist. Das Paar hat zwei erwachsene Töchter. "Wir schreiben die Texte vierhändig, und drei davon gehören Luisa", beschrieb er die Zusammenarbeit 2015 in einem Interview der "Berner Zeitung". Branduardi vertonte zum Beispiel den irischen Lyriker William Butler Yeats (1865-1939). Luisa Zappa Branduardi übertrug die Texte ins Italienische.

Mitte der 80er Jahre schuf Angelo Branduardi die Filmmusik zu "Momo" (1986) nach dem Roman von Michael Ende. Ein anderer zentraler Teil des Werks sind Renaissanceklänge. Und er verwandelte die Schriften des mittelalterlichen Mönchs Franz von Assisi, des Gründers des Ordens der Franziskaner, in Töne ("L'Infinitamente piccolo"/2000).

Bei seinem jüngsten Projekt, der CD "Il cammino dell"anima" (etwa: Der Weg der Seele) von 2019 steht wieder eine Figur der Kirchengeschichte im Zentrum: die deutsche Äbtissin und Dichterin Hildegard von Bingen. "Ich hatte gehört, dass es da eine Frau gab, die vor etwa 1.000 Jahren Musik verfasste. Ich konnte es kaum glauben und habe nach ihr gesucht", erzählt Branduardi. Die Ordensfrau sei ein Universalgenie gewesen. Und zudem ein Idol von Feministinnen der 70er, 80er Jahre - bis heute.

Diese Musik werde er 2020 bei Konzerten in Italien vorstellen. Bevor er zu der Tour aufbricht, genießt er ausgiebig das Alpenpanorama von seinem Wohnsitz in der Lombardei oberhalb des Lago Maggiore - mit Blick auch in die Schweiz. Das Paar lebt in einem Haus mit Garten und Tonstudio. "Ich habe einen grandiosen Ausblick", sagt Branduardi. Da bleibe er an seinem Geburtstag am liebsten daheim - und ergänzt lachend: "Ich feiere nicht. No! No!"