APA - Austria Presse Agentur

"Jesses Erbe": Krimispannung in Wien und Tel Aviv

Ja, es gibt sie noch! Nämlich moderne Krimis, die sich vom Gewohnten, das derzeit so in die Buchläden geliefert wird, abheben und die mit ihrer Spannung das Weglegen des Buchs schwer machen. "Jesses Erbe", das Erstlingswerk des Wiener Autors Hans Schneeweiß, ist genau so ein Krimi. Von Beginn weg wird die Leserin oder der Leser auf eine spannende Reise mit viel Rätselraten mitgenommen, der Spannungsbogen wird dabei bis zum Schluss aufrechterhalten.

"Jesses Erbe", erschienen im Wiener Dachbuch Verlag, ist aus der Sicht des Ich-Erzählers Hanno Hohenberg geschrieben, einem Wiener Magazin-Journalisten. Dessen Redaktionskollegin Claudia wurde ermordet, wenig später wurde in der Redaktion eingebrochen und der Arbeitsplatz der Getöteten verwüstet. Nachdem Hanno bei der Beerdigung vom Witwer der Frau ein Kuvert mit zwei Super-8-Filmen zugesteckt bekommen hat, beginnen für ihn rätselhafte Nachforschungen. Denn ganz offensichtlich wollte jemand an ihrem Arbeitsplatz etwas finden und verschwinden lassen, der Inhalt der Filme könnte damit in Zusammenhang zu stehen.

Nach Ansicht der beiden Filme ist Hanno kaum schlauer als zuvor, doch Schritt für Schritt kommt er bei Besuchen in einer großen Pharma-Firma und einem Kloster zu Aufschlüssen. Er findet Personen, die ihm etwas über die im Video zu sehenden Hauptpersonen sagen können, doch manche von diesen sterben kurz nach dem Gespräch mit ihm. Sehr bald ist augenscheinlich, dass diese Todesfälle keine Zufälle sind, denn auch Hanno selbst wird mehrmals mittels SMS gewarnt, er möge seine Nachforschungen einstellen.

Mehrfach wird die Frage aufgeworfen, ob die Suche nach einem offenbar sehr ominösen Geheimnis überhaupt sinnvoll und die Selbstgefährdung wert sei, doch der Hauptprotagonist ist in Wahrheit längst besessen davon, die Sache aufzudecken. Neben seiner persönlichen Neugier wittern er und sein Chefredakteur auch die Chance auf eine Sensationsstory für die nächste Ausgabe. Dass Hanno im Zuge der Nachforschungen einer äußerst attraktiven Frau näherkommt, tut das Seinige dazu.

Was genau das Geheimnis ist, soll hier nicht verraten werden. Denn das kann man sich bei der Reise durch die 319 Seiten selbst - sozusagen gemeinsam mit Hanno - Schritt für Schritt erarbeiten. Am besten dann, wenn man ausreichend Zeit hat, denn das Weglegen des Buchs fällt sehr schwer, wenn man einmal in den Sog der Handlung eingetaucht ist. Daneben gewinnt man Einblicke in die Arbeit von Magazinjournalisten - immerhin der frühere Beruf des Autors, der in sein Werk auch Kritik an Umweltzerstörung, zu vielen SUVs auf den Straßen und einigen weiteren Phänomenen unserer Zeit einfließen lässt. Der finale Showdown der Story ereignet sich dann in Tel Aviv - warum gerade dort, wird ebenfalls bei der Lektüre nachvollziehbar. Für ein Erstlingswerk ist "Jesses Erbe" ein äußerst gelungenes Buch.

Hans Schneeweiß: Jesses Erbe. Dachbuch Verlag, 319 Seiten, 15,90 Euro