APA - Austria Presse Agentur

McCartney-Album "III" im Alleingang aufgenommen

Paul McCartney hat zum dritten Mal ein Album ganz allein eingespielt. Konsequenter Weise heißt das am Freitag erscheinende Ergebnis "Paul McCartney III". Die Produktion kommt komplett ohne Zuckerguss aus, wie man ihn sonst von Maccas Arbeiten mit den Beatles, The Wings oder bei seinen meisten anderen Solowerken kennt. Mit den neuen Songs bewegt sich Sir Paul zwischen Blues, Pop, Rock und R&B der alten Schule. Das klingt wunderbar erdig und bietet tiefe Emotionen.

Vor 50 Jahren brachte der Brite "McCartney" heraus, das Erscheinungsdatum, der 17. April 1970, gilt zugleich als Trennungsdatum der Beatles. Für den Musiker war es wohl eine Art Therapie, kurz vor dem Split der zerstrittenen Band in Eigenregie (nur Ehefrau Linda McCartney steuerte Backgroundgesang bei) zu arbeiten und sich von Perfektion zu befreien. Die meisten Kritiker waren sich damals einig: Das Album sei unfertig und nicht ordentlich produziert. Erst später erhielt es Würdigungen als Vorreiter von DIY (do-it-yourself) und Lo-Fi.

Die Aufnahmen zu "McCartney II" fanden nach der Veröffentlichung des letzten Albums der Wings im Juni/Juli 1979 auf der schottischen Farm des Künstlers statt. Es war also wohl erneut eine reinigende Angelegenheit, auch wenn sich seinerzeit noch eine Tournee der Wings in Planung befand. Wieder spielte und sang McCartney alles selbst ein, abgesehen von etwas Backgroundgesang seiner Frau.

Nun also "McCartney III", entstanden in Coronazeiten in Sussex, Großbritannien: Zwei Songs, "When Winter Comes", basierend auf einem Überbleibsel aus den Neunzigern, und "Long Tailed Winter Bird" waren die Startpunkte. Ersteres Lied sollte für einen Soundtrack fertiggestellt werden. "Ich lebte mit meiner Familie abgeschottet auf meiner Farm und ging jeden Tag in mein Studio", wird McCartney von Universal Music zitiert. "Eigentlich arbeitete ich an einer Filmmusik. Als der Song fertig war, dachte ich: Was mache ich als Nächstes?" Also setzte Paul ohne Hilfe die Arbeit an weiteren unvollendeten Stücken fort.

"Long Tailed Winter Bird" steht am Anfang von "McCartney III", ein fast instrumentales, bluesiges, rhythmisches Stück mit dominanter Gitarre, das auch gut auf "Led Zeppelin III" gepasst hätte. "When Winter Comes", ein wunderschöner, zarter Macca-Popsong mit einer warmen Melodie, landete am Ende, eine kurze Reprise von "Long Tailed Winter Bird" setzt dabei die "Handlungsklammer". Dazwischen gibt es viel zu entdecken, etwa den Pianotrack "Women And Wifes" im Stil der Aufnahmen von Johnny Cash mit Rick Rubin oder den Vintage-Blues-Kracher "Lavatory Lil" - ersteres Stück ergreifend, zweiteres ausgelassen.

Im soulig angehauchten, acht Minuten langen "Deep Deep Feeling", bei dem Piano und Gitarre eine dichte Stimmung erzeugen, singt McCartney mit der Offenheit und Lebenserfahrung eines 79-Jährigen über Liebe und Liebesschmerz. Das geht tief. Das Nachfolgende "Slidin'" ist ein Riff-Rockmonster, mit dem der Brite klar macht, dass er vor Jack White und den Black Keys da war. Liebhaber des melodischeren McCartney kommen beim spärlichen "The Kiss Of Venus" und beim eingängigen Popsong "Seize The Day" auf ihre Kosten. "Deep Down" wiederum entführt den Hörer in die Atmosphäre eines verrauchten Jazzclubs.

Wie die Instrumentierung hat der Ex-Beatle auch seine gereifte Charakterstimme nicht aufpoliert. Das macht das Album zusätzlich faszinierend, stimmig und authentisch. So mancher wird vermutlich bemängeln, dass aus dem einen oder anderen Lied mehr herauszuholen gewesen wäre und der eine oder andere potenzielle Hit ein Work-in-Progress geblieben ist. Aber genau diese Reduktion auf die Essenz eines Liedes ist die Stärke von "McCartney III".

(S E R V I C E - www.paulmccartney.com)