In einer Welt, in der Instagram vor lauter Good Vibes und Positivität nur so überquillt, hat Michael Buchinger es irgendwie geschafft, Hass zu seiner Marke zu machen. Sein wohl bekanntestes YouTube-Format "Michaels Hass-Liste", das mittlerweile wahrscheinlich so was wie österreichisches Internet-Kulturgut ist, gibt es nun auch auf Papier: "Hasst du noch alle?!" erschien am 14. Juni im Heyne-Verlag.
Schon Michael Buchingers Erstlingswerk "Der Letzte macht den Mund zu" wurde 2017 zum Bestseller, dementsprechend hoch waren auch die Erwartungen an den Nachfolger, der 2018 erschien. Der Influencer und Comedian nahm die berühmte Sophomore-Hürde mit Bravour – "Lange Beine, kurze Lügen" konnte den Erfolg des Debüts wiederholen. Wenn man erst mal bewiesen hat, dass man kein One-Hit-Book-Wonder ist, schreibt es sich dann ganz ohne Erfolgsdruck?
"Ich mache mir generell immer Druck", erklärt Buchinger im Interview über die Erwartungshaltung an seine neue Hass-Bibel. Schließlich wäre es schade, nach zwei Reißern nun einen Flop zu kassieren. "Ich hab eigentlich voll den Stress!"
Dabei ist "Hasst du noch alle?!" in einer Zeit entstanden, in der Stress ausnahmsweise zur Seltenheit wurde: Während der Rest der Welt auf Zoom hing und Bananenbrot backte, schrieb Michael Buchinger während des ersten Lockdowns einfach mal ein komplettes Buch. "Ich wollte die Zeit nutzen und etwas Produktives machen", so der Autor über den Schreibprozess.
Auch die Herangehensweise sei anders gewesen als bei den Vorgängern: Unter anderem verbarrikadierte er sich eine Woche lang in einem abgelegenen Haus im Wald, in der Hoffnung, dort effizienter zu sein, erklärt er. Der Plan scheint aufgegangen zu sein: Mit 320 Seiten ist "Hasst du noch alle?" sein bislang dickster Schinken geworden. Drei Monate lang habe die Fertigstellung letztendlich in Anspruch genommen.
Insgesamt listet das fertige Buch nun stolze 333 Gründe, um täglich aus der Haut zu fahren. Einer davon ist nennt sich Toxic Positivity: Ein ungesundes Maß an Positivät, das einem auf Social Media präsentiert wird. "Ich will nicht jeden Tag gut drauf sein, manche Tage sind einfach scheiße", erklärt der YouTuber – und bringt damit ziemlich gut auf den Punkt, was ihn ausmacht: Ehrlichkeit. Er macht keinen Hehl daraus, dass nicht immer alles super ist. Und dass man manchmal einfach nur sudern möchte.
"Niemand will so sein wie ich"
In einem Meer aus InfluencerInnen, die "Carpe Diem" andere Wandtattoos predigen, ist das immer noch Michael Buchingers Alleinstellungsmerkmal. Umso erstaunlicher, dass bislang niemand erfolgreich versucht hat, sein Erfolgsrezept zu kopieren. Die Hass-Nische besetzt er bis dato alleine. "Ich glaube, es will einfach niemand so sein wie ich", erklärt er sich diesen Umstand im Interview.
Dass zu viel "Good Vibes Only"-Mentalität letztendlich sogar schädlich sein kann, ist inzwischen weit verbreitet. Aber wenn zu viel Positivity toxisch ist, ist Hassen dann automatisch gesund? Für den YouTube-Grantscherm ein klarer Fall: "Hassen ist Selfcare. Das ist ein Release, wie ein kleiner Orgasmus."
Neben seiner Tätigkeit als Autor, YouTuber und Podcaster ist Michael Buchinger inzwischen auch als Kabarettist auf der Bühne angekommen. Im Oktober präsentiert er sein neues Programm, das richtigerweise den Titel "Ein bisschen Hass muss sein" trägt. Welche Themen und Erlebnisse er darin behandeln wird, wird sich zeigen: "Ich will halt nicht über Corona reden!", so Buchinger über die anstehenden Shows.
Seit 12 Jahren dreht Michael Buchinger nun YouTube-Videos, drei Bücher hat er veröffentlicht. Popstars versuchen an diesem Punkt ihrer Karriere oftmals, sich völlig neu zu erfinden – Michi Buchinger will nicht Madonna sein, dennoch peilt er für sein nächstes Werk eine Veränderung an: Fiktion. "Ich will eine Krimi-Reihe schreiben."
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