APA - Austria Presse Agentur

Sommerhit "Layla": Musikwissenschafterin analysiert

"Layla" ist auf Platz eins der österreichischen und deutschen Charts und sorgt für Debatten.

Der Song von DJ Robin & Schürze soll auf einem Volksfest in Würzburg nicht mehr gespielt werden. Auf der Düsseldorfer Kirmes soll er nicht überall laufen. Grund ist der Text. "Ich hab' 'n Puff - und meine Puffmama heißt Layla. Sie ist schöner, jünger, geiler." Die Musikwissenschafterin Marina Forell findet den Song "extrem sexistisch", versteht aber, warum er die Charts dominiert.

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"Layla" sei ein moderner Partysong. Ansprechend produziert. "Als ich den zum ersten Mal angemacht habe, dachte ich mir so: 'Oh, das könnte was sein'", sagt Forell, die an der Universität Leipzig zur Schlagerwelt geforscht hat. Bei ihr sei der positive Eindruck verflogen, als der Gesang eingesetzt habe. Trotzdem hat Forell nach eigenen Worten einen Ohrwurm. Vielleicht sei das das Erfolgsrezept. Vielleicht hätten Leute nach den Pandemiejahren einfach Lust auf einen Partysong. Dabei hat Forell zum Inhalt eine klare Haltung.

"Ich finde den Song extrem sexistisch", sagt Forell. Die besungene Frau werde extrem auf ihren Körper reduziert. Zudem werde Prostitution ein bisschen als Lifestyle abgefeiert, dabei habe sie bekanntermaßen Schattenseiten. Prostitution stehe oft mit Menschenhandel und Zwang in Verbindung, habe oft nichts Selbstermächtigendes an sich.

Auf Ö3 wird "Layla" nur im Rahmen der "Ö3 Autria Top 40"-Show, - dort belegt er derzeit den Spitzenplatz - nicht aber im regulären Programm gespielt. "Für 'Layla' gilt: Deutsche Schlager- und Hüttenhits gehören grundsätzlich nicht ins Ö3-Repertoire. Wir haben diesen Titel bisher im Rahmen der wöchentlichen 'Ö3 Austria Top 40'-Show gespielt, nicht aber im laufenden Ö3-Programm. Und dabei werden wir auch bleiben, zumindest solange der Song die Nr. 1 der Chartauswertung belegt", sagt Ö3-Senderchef Georg Spatt gegenüber dem "Kurier".

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Wenn man sich durch solche Partyhits hört, findet man auch Lieder wie "Beate, die Harte" oder "Anna-Lena" ("Geiler Arsch, geiler Blick, geiles Stück"). Gibt es sexistische Textzeilen öfter? "Ja, der Eindruck ist schon richtig", sagt die Musikwissenschafterin Forell. Viele Songs drehten sich ums Saufen und ums Urlaubmachen. Aber es gebe natürlich Songs wie "Dicke Titten, Kartoffelsalat", die seien schon an den Grenzen des guten Geschmacks und natürlich auch sexistisch.

"Dicke Titten, Kartoffelsalat" ist ein Lied von Ikke Hüftgold, der eigentlich Matthias Distel heißt. Seine Plattenfirma hat auch "Layla" veröffentlicht. Online wirbt er nun mit anderen Künstlern für die Petition #freelayla. Im Begleittext heißt es: "Gegen Zensur! Für ein Leben nach Corona! Für künstlerische Freiheit!" Einige Tausend Menschen haben bisher online unterzeichnet.

Musikwissenschaftlerin Forell wundert sich, dass nun manchmal mit der Kunstfreiheit argumentiert wird. "Meiner Meinung nach ist es nicht Cancel Culture, wenn man versucht, 50 Prozent der Menschheit mit Respekt zu behandeln und nicht wie ein Stück Fleisch", sagt sie. Der Song sei nicht allgemein verboten und werde auch nicht verboten werden. Privat und auf Mallorca könne ihn jeder anhören. Das Lied werde nur in einigen Kontexten nicht mehr gespielt.

Über das Argument, dass es im Rap mitunter schlimmere Zeilen gebe, hat Forell auch schon nachgedacht. Ein Unterschied sei, wie die Musik genutzt werde. Rapmusik mit extrem krassen Texten habe nicht so viel Airplay. Es sei ein Unterschied, ob man Musik mit Freunden oder einer kleinen Gruppe höre. Oder ob man damit Tausende Menschen auf einem Volksfest beschalle. Wo dann auch Frauen seien, die sich vielleicht in einer aufgeheizten, alkoholisierten Atmosphäre und bei einem solchen Song, den Männer mitgrölten, unwohl fühlten. Sie findet die Entscheidungen in Würzburg und Düsseldorf richtig.

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Fragt man Forell, warum Menschen solche Songs überhaupt mögen, dann erinnert sie an deren Kontext. Diese Songs würden nur von einigen zu Hause gehört, der primäre Verwendungszweck sei beim Après-Ski, beim Karneval, auf Mallorca. Der Urlaub am Ballermann sei für manche bewusst gebuchter Exzess. Dort sei eine Art Erlebnisraum entstanden. "Und da lassen viele Leute halt los." Im Urlaub werde dann über die Stränge geschlagen, die Regeln des Alltags zählten nicht mehr. Auch der gute Geschmack werde dann zu Hause gelassen.

In der Schlagerwelt beobachtet Forell aber auch eine andere Entwicklung. Sie habe sich mit Popschlager beschäftigt, mit Andrea Berg, Helene Fischer, Vanessa Mai, Beatrice Egli. Dort gebe es auch Songs, die schon feministisch seien, etwa "Die Erste deiner Art" von Helene Fischer oder "Anders ist gut" von Michelle.

Dass es übrigens auch am Ballermann nicht immer kontrovers sein muss, zeigt einer der Überraschungshits dort in diesem Jahr - ein Remix von "Wir sagen Danke schön" der Flippers. Darin heißt es vergleichsweise unverfänglich: "Liebe ist, wenn man sich zärtlich küsst."