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Queere TikTok-UserInnen teilen ihre Erfahrungen mit Konversionstherapie

Immer mehr Mitglieder der LGBTIQ-Community, die in Konversionstherapien geschickt wurden, erzählen ihre Geschichten auf TikTok.

Unter sogenannten "Konversionstherapien" versteht man psuedo-medizinische Methoden, deren Ziel es ist, queere Menschen von ihrer Homo- oder Bisexualität zu "heilen". Weil man aber nun mal nicht heilen kann, was keine Krankheit ist, führen derartige Praktiken bei den Betroffenen oft zu seelischen Verletzungen, Depressionen und psychischen Störungen. In Österreich beschloss der Nationalrat erst 2019 einstimmig, solche "Therapien" für Kinder und Jugendliche zu verbieten. 

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Allein in den USA gibt es laut dem UCLA-Williams-Institute heute knapp 700.000 Menschen, die einst in sogenannte Konversionstherapien geschickt wurden. Die Hälfte von ihnen war zum Zeitpunkt der "Behandlung" minderjährig. Nun verarbeiten immer mehr das Erlebte auf Social Media – ausgerechnet auf der Plattform, die sonst eher für Clow­ne­rie und Tanz-Trends bekannt ist: TikTok.

Der User Mike Dorn war 15, als er von seinen Eltern in ein christliches Camp in Kalifornien geschickt wurde, wo ihm seine Homosexualität ausgetrieben werden sollte. Während der diesjährigen Quarantäne befasste sich der inzwischen 30-Jährige mit dem Trauma, das er damals davontrug – und entschied, seine Geschichte auf TikTok zu teilen.

"Als ich die ganze Zeit alleine zuhause war, ging ich durch eine schwierige Zeit. Ich wusste, ich musste darüber sprechen", so Dorn gegenüber dem "Independent". Seine Videos wurden über eine Million Mal angesehen, die überwiegend positiven Reaktionen überraschten ihn. "So viele Leute haben mir Nachrichten geschickt. Da war diese Form von Liebe und Unterstützung und Familie, die ich nie zuvor erfahren hatte."

Neben zahlreichen anderen Konversionstherapie-Opfern aus aller Welt reagierten auch viele junge Menschen auf Dorns Video, die fürchten, in ein ähnliches Camp geschickt zu werden. In 30 US-Bundesstaaten sind Konversionstherapien nach wie vor erlaubt. Die eingesetzten Methoden variieren, sollen jedoch von Gesprächstherapie bis hin zu Elektroschocks reichen.

Auch die TikTokerin Merry durchlief im Alter von 17 Jahren eine Form der Konversionstherapie: Sie musste ihre Hand in Eis legen, solange, bis es schmolz, während sie über ihre Homosexualität sprach. Auf diese Weise sollte sie lernen, ihre Anziehung zum gleichen Geschlecht mit Schmerzen zu assoziieren. Über ihre Erfahrungen sprach sie in einem TikTok-Video, das über 500.000 Mal angesehen wurde.

"Ich hatte das Gefühl, keinen echten Menschen zu haben, an den ich mich wenden konnte", so die 20-Jährige gegenüber dem "Independent". Merry steht mittlerweile in regelmäßigem Kontakt mit queeren Jugendlichen, die Angst haben, ähnliches zu erleben, und sich an sie gewendet haben.

"Je öfter wir unsere Geschichten erzählen, desto eher klären wir Leute auf, die gar nicht wissen, dass das passiert", so Mike Dorn. Der Hashtag #conversiontherapy verzeichnet auf TikTok inzwischen knapp zehn Millionen Views.