APA - Austria Presse Agentur

Rapperin Yasmo will "lieber nachhaltig denken"

In unsicheren Zeiten klar und deutlich für die eigenen Werte eintreten: Das ist bei Yasmo definitiv der Fall. Die Wiener Rapperin und Poetry Slammerin legt diese Woche ihr drittes Album mit der Klangkantine vor. Auf "Laut und Lost" werden viele Themen verhandelt, von Neoliberalismus über Patriarchat bis zu den jüngeren Krisen. Führt da ein Weg vorbei am Pessimismus? "Diese Generation ist völlig kaputt im Grunde genommen", so Yasmo.

Eine Schwarzmalerin ist Yasmin Hafedh, wie sie eigentlich heißt, deshalb aber noch lange nicht. Kritik und Schmäh gehen bei ihr in gewohnter Weise Hand in Hand. Und diese Dualität im Ton, die sich eigentlich noch viel variantenreicher präsentiert, entspricht eben dem Gestus der ganzen Platte. "Dieses Unkonzept und die Gegensätzlichkeit wollten wir schon halten", so Yasmo im APA-Interview. "Es werden ja Themen verhandelt, die uns mittlerweile beschäftigen, weil wir auch älter geworden sind und im Neoliberalismus leben - es ist halt so!"

Langsam erkenne sie, dass sich dieser Umstand nicht so einfach ändern lasse. "Wir werden den nicht zu 100 Prozent überwinden oder umdrehen können. Da war also das Phänomen vom laut sein: Wir dürfen nicht müde werden, für Ideale und Werte einzustehen. Gleichzeitig aber gibt es auch diese absolute Verlorenheit. Zuerst war Pandemie, jetzt ist Krieg, dann kommt die Inflation. Es ist einfach das absolute Lost sein von uns allen", sprach die Musikerin das immer mehr um sich greifende Unsicherheitsgefühl dieser Tage an.

Dabei geht es aber nicht nur um gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, sondern auch sehr Persönliches in diesen zwölf Stücken. In "Issues" verhandelt Yasmo etwa "meinen Mental-Health-Zustand von 2019", erinnerte sie sich an jenes Jahr, in dem zwar nach außen extrem viel aufging, die Künstlerin selbst aber mit der Situation schwer zu kämpfen hatte. "Ich habe damals Album rausgebracht, Tour gespielt, Popfest kuratiert - und war völlig am Ende mit den Nerven! Alles, was ich in diesem Song anspreche, ist mir tatsächlich widerfahren." Sie halte sich zwar für resilient. "Aber eigentlich möchte ich nicht in einer Gesellschaft leben, in der das als gut angesehen wird. Ich will nicht resilient sein müssen."

Darüber ein Lied zu machen, sei keineswegs selbstverständlich gewesen. "Im Verlauf des Albumprozesses war es dann klar: Eigentlich müssen wir schon darüber reden. Aber wie? Ich kann zwar die Pathoskeule auspacken, aber das würde dem nicht gerecht werden. Also erzähle ich von mir selbst. Und das kann ich nur, indem ich auch Schmäh führe dabei - so bin ich halt", schmunzelte Yasmo. Zudem habe die Pandemie so viele Menschen in Extremsituationen gebracht, "dass es einfacher wurde, dem eine Bühne zu geben. Es ist gut, dass das thematisiert wird, auch wenn es nicht immer leicht ist. Aber weil etwas schwierig ist, heißt das nicht, dass man es nicht machen soll."

Für Yasmo und ihre Kollegen Tobias Vedovelli und Ralph Mothwurf war die Pandemie letztlich auch eine Chance, sich mehr Zeit für das Album zu lassen. "Es hat viel mehr Platz und Raum dafür gegeben", erinnerte sie sich. "Es hat auch dazu geführt, dass wir uns mit diesem Album sehr weiterentwickelt haben." Musikalisch drückt sich das in einem vielseitigen wie farbenfrohen Sound aus, der die meist rund drei Minuten langen Stücke viel größer wirken lässt - von knackigen Beats über klug gesetzte Streicher bis zu nach vorne drückenden Bläsern ist da alles dabei, was das Hip-Hop- und Popherz höher schlagen lässt.

All das klingt letztlich gleichermaßen zeitgemäß wie ewig gültig. Aktuellen Trends zu folgen, sei ohnehin nicht ihr Ding, wie Yasmo glaubhaft zu verstehen gab. "Die 15-Sekunden-Hook für TikTok? Na", lachte die Rapperin. "Der Versuch, Musik zu machen, die zeitlos sein könnte, den treten wir schon an. Weil wir auch wissen, was langfristig passiert. Ich will jetzt nicht für zwei Jahre urberühmt werden und dann den tiefen Fall der Yasmo haben. Dann schon lieber nachhaltig denken. Weniger Bittstellerin von einem Markt sein. Das bin ich eh, wenn ich zum Billa gehe."

Viel zu tun hat Yasmo im November. Zunächst stehen die 26. Deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften an, die von 2. bis 6. November erstmals in Wien stattfinden und deren Finale im Burgtheater sie moderieren wird. Und dann geht es ab 11. November auf Tour mit der neuen Platte. Auch da spiele die Pandemie noch rein, haben doch viele Acts mittlerweile Schwierigkeiten, die Locations zu füllen. "Man sagt jetzt schon: Halbvoll ist das neue Ausverkauft. Aber das wird sich nicht lange ausgehen", meinte Yasmo, die sich für die Kultur weiter Unterstützung wünscht. "Der ganze Betrieb wird noch ein bisschen Stütze brauchen. Das muss die Politik auch sehen. Sie können sich schon hinstellen und sagen: Fairpay, Fairpay, Fairpay. Das finde ich super, aber bitte auch in Strukturen denken, was die Politik doch eigentlich machen sollte."

(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)

(S E R V I C E - www.yasmo-klangkantine.com)