APA - Austria Presse Agentur

Regisseur Harald Friedl: "Brot ist etwas ganz Besonderes"

Brot gilt als Grundnahrungsmittel. "Über Brot lässt sich viel über die menschliche Kultur erzählen", sagt Harald Friedl. Genau das macht der österreichische Dokumentarfilmer und Obmann des heimischen Dokumentarfilmverbands dok.at mit seinem Film "Brot", an dem er fünf Jahre lang gebacken bzw. gearbeitet hat. Nun ist er fertig.

Als er in Los Angeles lebte, habe er gutes heimisches Brot sehr vermisst, erinnert sich der gebürtige Steyrer, der heute in Wien und Mitterretzbach (Niederösterreich) lebt. Später sei er häufiger Besucher einer kleinen Bäckerei in Wien-Neubau gewesen. Dennoch stand am Beginn seines neuen Films vor allem ausgiebige Recherche. "Ich hatte insgesamt 38 Recherchetermine." Darauf folgten "die Kunst der Reduktion" und zähe Verhandlungen um Drehgenehmigungen. "Sehr schwierig war es bei der Zusatzstoffindustrie. Die waren davon nicht begeistert. Ich wollte auch gerne Agrarforschung drinnen haben. Die haben aber alle abgelehnt. Und von den Industriebäckern war ein einziger dazu bereit: Harry-Brot."

Dass sein Film kein Werbefilm für die Nahrungsmittelindustrie werde, sei jedem klar gewesen, erzählt Friedl (61) im Interview mit der APA. Doch es sei erstaunlich, wie viel Geheimnis um die genauen Zusatzstoffe und Enzyme gemacht werde, die in auf der ganzen Welt täglich verzehrten Grundnahrungsmitteln enthalten seien. "Ich glaube, dass ich mittlerweile einem Brot anmerke, ob etwas von Puratos drinnen ist. Dieser Konzern macht zwei Milliarden Umsatz - mit ein paar Pulverln, die man ins Mehl mischt." Harald Friedl ist zum Experten für unser tägliches Brot geworden: "Haben Sie gemerkt, dass die E-Nummern immer mehr auf den Verpackungen verschwinden? Nicht, weil jetzt alle bio sind, sondern weil die Hersteller dazu übergegangen sind, nicht-deklarierungspflichtige Zusatzstoffe zu produzieren."

Brot dürfe kein Billigprodukt sein, findet Friedl: "Geiz ist nicht geil, Geiz ist eine Gemeinheit." Solange Bio bloß ein Marktsegment von rund fünf Prozent umfasse, rentiere sich der Einstieg für die Großen kaum, konstatiert der Chef von Harry-Brot im Film trocken. In Österreich sei der Markt dafür längst größer, sagt Friedl. Dass die von Biobäckern wie Joseph Brot, Gragger, Kasses & Co propagierte neue Backkultur sich teilweise als Bobo-Phänomen vermittle, stört ihn nicht. "Veränderungen in der Gesellschaft passieren langsam. Einer muss ja den Anfang machen. Es geht um Individualismus. Und um die Erkenntnis: Brot ist etwas ganz Besonderes."

Bei Harald Friedl scheint jeder Film etwas ganz Besonderes zu sein. Jedenfalls was die Sujets und die Darstellungsformen betrifft. In "So schaut's aus" (2008) ließ er sich im burgenländischen Stinatz "G'schichten vom Willi Resetarits" erzählen, für "What Happiness Is" (2012) reiste er nach Bhutan und begab sich dort auf die Suche nach dem "Bruttonationalglück". "Ich war nie ein Spezialist. Ich mache den Film immer so, wie es der Stoff braucht", sagt Friedl, der wieder mit Kameramann Helmut Wimmer zusammenarbeitete. Für "Brot" hieß die Devise: sich Zeit nehmen. Denn gut Teig braucht Weile. "Mir ging es immer wieder um die Sinnlichkeit des Teiges. Ich wollte zeigen, wie lebendig dieser Teig ist - im Gegensatz zu dem, was in den Maschinen verarbeitet wird. Teig hat eine Tagesverfassung. Und der Bäcker ist wie ein Trainer: Er muss versuchen, das Beste aus ihm rauszuholen."

Er hoffe, der Film sei "eine gute Absprungbasis", um über größere Dinge und Zusammenhänge nachzudenken, sagt Harald Friedl. Das möchte er auch mit seinem nächsten Projekt bewirken. Ausgehend von den Veränderungen in seiner Heimatstadt Steyr soll es um den technologischen Wandel gehen.