APA - Austria Presse Agentur

Kevin Spacey steht vor seinem Karriere-Ende

Wir kennen ihn als frustrierten Vorstadtvater in "American Beauty", er hat uns als Frank Underwood in "House of Cards" einen Schauer über den Rücken getrieben. Im Sommer 2019 spielt Kevin Spacey keine Rolle mehr. Stattdessen schleicht er zu seiner Anhörung in ein Provinz-Gericht.

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Kein roter Teppich mehr, kein Lächeln für die Kameras – nur die aufgeregten ReporterInnen sind noch immer da. Spaceys Wangen wirken etwas runder als man sie aus unzähligen Produktionen kennt, seine Haut ist fahl und konkurriert mit dem Grau seines Anzugs. Der Glamour ist verflogen nach seinem tiefen Fall, nach den Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs. Und statt Geschenken wartet auf den früheren Superstar im schlimmsten Fall ein Strafprozess.

Mehr als 30 Jahre lang konnte Spacey machen, was er wollte: Der Weg seiner Karriere kannte nur den Weg nach oben. In der Schule im Süden Kaliforniens hatte er zur Schauspielerei gefunden, sein Talent sollte nicht lange unentdeckt bleiben. Als junger Mann ging Spacey nach New York und ergatterte seine ersten Rollen am Theater, spielte am Broadway und bekam 1991 schließlich einen Tony für seine Rolle in Neil Simons Erfolgsstück "Lost in Yonkers". Von der Bühne wandte Spacey sich dem Kino zu und sorgte als Serienmörder in "Sieben" für Aufsehen, erhielt 1996 den Nebenrollen-Oscar für "Die üblichen Verdächtigen" und vier Jahre später die Auszeichnung als bester Hauptdarsteller in "American Beauty". Seine Paraderolle im Streaming-Zeitalter fand Spacey mit Frank Underwood in "House of Cards", die mit dem Golden Globe belohnt wurde.

Die Erfolgsserie allerdings endete ohne Spacey. Netflix beendete die Zusammenarbeit, nachdem ihm ab Herbst 2017 in mehr als 30 Fällen sexuelle Übergriffe und Belästigung vorgeworfen wurden. Im Sog des Skandals um den Filmproduzenten Harvey Weinstein meldeten sich immer mehr Schauspieler und berichteten, dass Spacey sich ihnen sexuell aufgedrängt habe. FilmemacherInnen wandten sich von dem Star ab, aus dem Film "Alles Geld der Welt" von Ridley Scott wurde Spacey herausgeschnitten.

Er selbst schwieg lange zu den Vorwürfen, meldete sich zu Weihnachten des letzten Jahres dann aber mit einem Video, das im besten Fall als bizarr bezeichnet werden kann. Angesichts seines Rausschmisses bei "House of Cards" veröffentlichte Spacey ein dreiminütiges Video, in dem er offenbar in seiner Rolle des Kriminellen Frank Underwood in die Kamera sprach. Was er dort sagt, wirkte angesichts der Vorwürfe mehr als nur deplatziert.

"Ich habe euch meine tiefsten, dunkelsten Geheimnisse gezeigt. Ich habe euch gezeigt, wozu Menschen fähig sind", spricht Spacey alias Underwood direkt zu den ZuschauerInnen. Dann: "Ihr würdet doch nicht ohne Beweise das Schlimmste glauben und ohne Fakten vorschnell urteilen, oder?" Und schließlich: "Vermisst ihr mich?"

Von der Kunstfigur Underwood war dagegen nichts zu sehen, als der Beschuldigte Spacey im 11.000-Seelen-Ort Nantucket im Juni schweigend in den Gerichtssaal geht, wie TV-Bilder zeigten. Er hätte zu dieser Anhörung nicht erscheinen müssen, doch seine Anwesenheit kann als Zeichen für den Stellenwert gesehen werden, den der Fall für ihn einnimmt.

Es ist die einzige Anschuldigung gegen Spacey, die es bisher vor ein Strafgericht geschafft hat. Es geht um einen unsittlichen Angriff und Körperverletzung, Spacey soll im Juli 2016 in einem Restaurant auf Nantucket einen damals 18 Jahre alten Mann betrunken gemacht und dann unsittlich berührt haben. Der Schauspieler hat auf unschuldig plädiert.

Spacey sitzt mit ernster Miene neben seinen Anwälten. Ein Mann, der sein Leben lang aufgestiegen war, um dann in knapp zwei Jahren auf einer kleinen Insel im Atlantik seinen Tiefpunkt zu erreichen. Weiter weg von Hollywood geht es in den USA fast nicht. Ob er je wieder als Schauspieler Erfolg haben kann, scheint fraglich. Unklar ist aber auch, ob es wirklich zum Prozess kommt, denn die Glaubwürdigkeit des Hauptzeugen ist angeschlagen. Richter Thomas Barrett sagte zuletzt, die Anklage könne auch verworfen werden. Das fordert Spaceys Anwalt Alan Jackson schon seit langem. Die Wartezeit sei eine Tortur für seinen Mandanten. "An jedem Tag, den sich das noch hinzieht, leidet er."