APA - Austria Presse Agentur

Singen unterm Zitronenbaum: Elftes Album von Fools Garden

Peter Freudenthaler hat seinen Frieden damit gemacht, dass er seit zweieinhalb Jahrzehnten seinem größten Erfolg hinterhersingt. Mehr noch, er kann sehr gut damit leben. Vor 25 Jahren feierte der Pforzheimer mit seiner Band Fools Garden und dem unbeschwerten Schunkelsong "Lemon Tree" einen weltweiten Erfolg. Ein raketenhafter Start für eine kleine Band, die außerhalb des Städtchens in Baden-Württemberg kaum jemand kannte.

Wenig später füllten Fools Garden Hallen und Stadien zwischen Deutschland, Weißrussland und Malaysia, sie sammelten Auszeichnungen wie andere Briefmarken. Ein schwindelerregender Höhenflug, an den Fools Garden auch mit ihrem elften Studioalbum nicht werden anschließen können, das ist ziemlich sicher.

Irgendwann kommt man im Gespräch mit Freudenthaler immer auf diesen einen Song zu sprechen, diese 191 Sekunden, locker-flockig in 20 Minuten der Langeweile am Fenster aufs Papier gebracht. Diese Zeilen und Noten, an denen sich Fluch und Segen einer ganzen Band zu kreuzen scheinen. Freudenthaler weiß das natürlich.

Aber Erfolg und Glück, das interpretieren er und sein Kumpel Volker Hinkel auf ganz eigene Weise. "Besser ein Very-Big-Hit-Wonder als ein Never-Hit-Wonder", sagt Freudenthaler im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Wegen "Lemon Tree" haben wir das alles erleben dürfen. Und wir haben erfahren, dass man im Moment des Erfolgs auch nicht sehr viel glücklicher ist als vorher oder danach."

Hinkel, sein guter Freund aus Pforzheimer Kindertagen und mit Freudenthaler die Fools-Garden-Stammbesetzung seit den ersten Tagen, gibt sich daher trotz ausbleibender Chart-Erfolge rundum zufrieden: "Mir fehlt überhaupt nichts", sagt er der dpa. "Wir haben irgendwann mal festgestellt, dass eine kleine Bühne einem viel mehr geben kann als eine große Halle. Aber beides erlebt zu haben, das halten wir für sehr wichtig."

Vier Wochen schaute der Hit "Lemon Tree" von der Spitze der deutschen Single-Charts auf die Konkurrenz hinab, auf Michael Jackson, Coolio oder Tic Tac Toe. Rund 1,3 Millionen Mal verkaufte sich der Song, in Deutschland erhielt die Single dreifach Gold, in den Niederlanden und Italien sogar Platin. Das Album wurde in Singapur, Hongkong und Malaysia gefeiert, es gab den Bambi, die Goldene Europa und den Echo. Weltweit soll es rund 40 Coverversionen geben, vor allem in Asien, in Turkmenistan zum Beispiel oder Indonesien.

Fast ein Dutzend Alben und etliche Singles später stellen sich Fools Garden nun vor als Band, die sich schrittweise entfernt vom Vorbild Beatles, mit deren Klang sie verglichen wurden seinerzeit. Das neue, elfte Album "Captain ... Coast is Clear" ist ein weiterer Abschied vom Gitarrenpop vergangener Jahre. Elektronisches spielt sich immer stärker in den Vordergrund. Es erscheint am Freitag, 25. November.

"Es ist elektronischer ausgefallen", sagt auch Gitarrist Hinkel. Ein wenig sei das auch der Pandemie geschuldet, die besondere Kreativität verlangt habe, weil es nicht möglich gewesen sei, die Songs gemeinsam aufzunehmen. "Wir haben uns einfach die Files hin- und hergeschickt und echt Spaß gehabt, mit Sounds rumzuspielen – einfach mal weniger Gitarre, dafür mehr Synthies", erinnert sich Hinkel.

Bei der bereits veröffentlichten Single "Electrify" wird das deutlich, beim Klangteppich von "Shimmering Lights" auch. Dagegen wirkt der gezupfte Gitarrensound von "Beautiful" wie ein Song, der sich aus vergangenen Zeiten aufs Album verirrt hat.

"Wer sich mit Fools Garden beschäftigt, der weiß, dass da eigentlich immer Überraschungen im Topf sind", sagt Freudenthaler, wenn man sich erstaunt zeigt vom neuen Sound im "Garten der Verrückten". "Auch "Lemon Tree" war damals eine Überraschung, das hat eigentlich nicht zu dem Beatles-ähnlichen Sound unserer früheren Tage gepasst. Aber jedes Album hat bei uns eine andere Farbe."

Das Arbeiten mit Laptops und Elektronik habe aus einer Laune heraus angefangen und enorm Spaß gemacht. "Wer seit 40 Jahren E-Gitarre spielt, möchte auch mal zu einem anderen Instrument greifen", sagt Hinkel dazu.

Und wie nun weiter? Zunächst zumindest nicht mit einer größeren Tournee, die Corona-Pandemie bremst auch Fools Garden aus. Aber ein Ziel hat die Band ganz sicher im Blick: "Wir haben in diesem Jahr unser 30-jähriges Bandjubiläum, das hat ja nun nicht geklappt", sagt Freudenthaler. "Deshalb wollen wir das 33-Jährige groß feiern, mit einem Wohlfühlwochenende im Jahr 2024 mit Fans und Freunden und allem, was dazu gehört."