APA - Austria Presse Agentur

Snarky Puppy eröffneten Jazz Fest Wien

Snarky Puppy stehen fest verankert auf dem Jazz-Fundament, lehnen sich vor allem aber gerne in Richtung Funk. Weil dazu Blues, Soul, Word Music und ein wenig Rock mitunter gut passen, hat man diese Tonsprachen auch gleich mit im Gepäck. Aufgeschnürt wurde das Päckchen am Montagabend zum Start des Jazz Fest Wien - im Globe Wien kam ein vielschichtiges Crossover-Abenteuer zum Vorschein.

Die neunköpfige aktuelle Formation des Brooklyner Musikerkollektivs mit Wurzeln in Texas präsentierte zum Auftakt der 29. Ausgabe des hauptstädtischen Jazz-Reigens Feines aus vielen Klangwelten. Für das vorletzte Album "Culcha Vulcha" (2016) gab es einen Grammy, und auch im 16. Jahr seines Bestehens reitet die Truppe um den Bassisten Michael League mit ihrem 13. Album "Immigrance" weiter auf der Erfolgswelle. Warum dem so ist, erschloss sich im prall gefüllten Globe Wien rasch.

Den eher gemächlichen Beginn markierte man mit dem Endpunkt des letzten Release, dem klanglich orientalisch gewandeten "Even Us". Das fügte sich nahtlos ins subtropische Flair des Abends ein und zeigte auch gleich, wozu die Gruppe fähig ist. In der Folge hielt der virtuose Ritt beispielsweise "crazy" Moog-Solos der Keyboarder Bobby Sparks II und Shaun Martin bereit, die leichtfüßig zwischen unverhohlenem Progrock-Charme und Funk-Attitüde wechselten. Mit viel Selbstverständlichkeit leitete man Kompositionen etwa mit messerscharfen Bläsersätzen (Chris Bullock und Mike Maher) ins souligere Fahrwasser um. Multiinstrumentalist Justin Stanton bildete dabei das lebende Bindeglied zwischen der Tasten- und Brassfraktion.

Auch beim Wien-Gastspiel bestach die traumwandlerische Sicherheit, mit der Rhythmen und musikalische Genres aus vielen Weltgegenden oder archetypische Soundkreationen gekreuzt wurden - vom getragenen, orchestralen Ton über kurze, Bebop-lastige Unisono-Passagen bis zum Michael Jackson/Quincy Jones-Stampfer geht bei Snarky Puppy einiges hinein. Die mitunter im Raum stehende Vermutung, dass man es hier vor allem mit einem gekonnt zusammengebrauten Hotchpotch aus Retro-Zutaten zu tun hat, wurde nicht zuletzt durch die eindrückliche Spielfreude der Truppe entkräftet.

Bandleader League lud die Kollegen gut gelaunt zum Solo ein, die postwendend Maßarbeit lieferten. Dann und wann ergingen auch Einladungen ans Publikum: So leitete der Bassist etwa das aus der Feder von Percussionist Marcelo Woloski stammende "Palermo" mit einem Klatsch-Tutorial ein. Das Auditorium dankte es mit reger Teilnahme und Standing Ovations.

Ausflüge ins Atonale kredenzte man nur in homöopathischer Dosis. Auf richtige Improvisationsgemetzel ließen sich auch Schlagzeuger Jamison Ross und Gitarrist Bob Lanzetti nicht ein - die Musiker fühlten sich im nicht über Gebühr rigiden Rahmen der Stücke merklich wohl. Zu eng ist das Snarky Puppy-Korsett den durchwegs kompletten Instrumentalisten offenbar nicht, die nicht immer in gleicher Zusammensetzung auf den Bühnen stehen. Auch in Wien präsentierte man sich als bestens organisiertes Kollektiv. Nach etwas über eineinhalb Stunden inklusive Zugabe war dann allerdings Schluss - der eigentlich einzige Wermutstropfen des Abends, der sich locker noch die eine oder andere Nummer verdient gehabt hätte.

Der Schlussakkord des Jazz Fest Wien wiederum wird erst am 10. Juli erklingen. Davor gibt es u.a. den brasilianischen Musiker Gilberto Gil, den Kanadier Chilly Gonzales oder Musik-Grenzgänger Bobby McFerrin in der Wiener Staatsoper zu erleben. Dazu kommt ein ganzer Konzert-Kosmos im Spannungsfeld zwischen Jazz und Pop in zahlreichen Locations Wiens.