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So schwierig kann es für Women of Color sein, passendes Make-up zu finden

Warum es in der Drogerie um die Ecke meist keine Foundations in dunklen Tönen gibt und wie Women of Color dennoch passendes Make-up finden.
Verena Bogner

“Ich halte gerade meine Tränen zurück” – das schrieb der 45-jährige Dominique Apollon, der vor wenigen Wochen zum ersten Mal ein Pflaster in seiner Hautfarbe auf eine Wunde am Finger geklebt hat. Durch seinen Tweet, der innerhalb kürzester Zeit viral ging, rückte eine Thematik in den Fokus, die für viele neu ist – nicht, weil sie abwegig oder gar unwichtig ist, sondern weil vor allem Weiße Menschen viel zu selten ihr Privileg checken

Habt ihr schonmal darüber nachgedacht, warum der hellrosa Farbstift, den ihr als Kind verwendet habt, “hautfarben” heißt und dass diese Farbe so ganz und gar nicht der Hautfarbe aller Menschen entspricht? Oder dass es gar nicht so einfach ist, als Woman of Color einen nudefarbenen BH zu finden? Oder eben, dass Pflaster, die man in der Drogerie kaufen kann, auf Weiße Menschen ausgelegt sind? Oder dass Lippenstifte in Nude-Tönen nur für Weiße Frauen auch wirklich nach Nude aussehen? Auch wenn man sich in Drogerien wie BIPA und dm im Make-up-Sortiment umsieht, fragt man sich, wo die Concealer und Foundations in all den verschiedenen Hauttönen bleiben, die sich in einer bunten Großstadt wie Wien so tummeln.

Spätestens seitdem Rihanna mit dem Launch von Fenty Beauty, inklusive Concealern in 50 verschiedenen Farbtönen, einen Haufen Lob und einen Riesen-Hype geerntet hat, sollte uns allen klar geworden sein, dass es auch im Jahr 2019 noch keine Selbstverständlichkeit ist, dass große Brands Make-up in allen möglichen Nuancen anbieten und so auch die Bedürfnisse von Women of Color bedienen.

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Langsam scheinen jedoch auch in Österreich etablierte Marken wie Maybelline auf Inklusion zu setzen: Mit der “Fit ME!”-Linie in 40 verschiedenen Nuancen hat der Kosmetik-Riese einen ersten Schritt gemacht, auch wenn man sich dunklerer Nuancen meist online bedienen muss und sie nicht in der Drogerie um die Ecke findet, scheinen Kollektionen wie diese ein erster Schritt in Richtung Repräsentation von Women of Color zu sein.

Als wir bei dm nachfragen, heißt es, man sei sich der Problematik, dass Women of Color im Sortiment von dm kaum passende Make-up-Produkte vorfinden würden, durchaus bewusst. Eine Sprecherin von dm erklärt die Hintergründe gegenüber k.at so: “Wie jedes andere Sortiment auch orientiert sich die dekorative Kosmetik an der Nachfrage von Kundinnenseite. Trotz vereinzelter Anfragen ist die Nachfrage nach diesen Make-up-Produkten insgesamt so gering, dass eine Einlistung in allen österreichischen dm-Filialen nicht wirtschaftlich wäre.”

Insgesamt seien aber bereits zwei Foundations sowie zwei darauf abgestimmte Concealer von bh cosmetics in 20 dm-Filialen sowie im dm-Onlineshop erhältlich. Außerdem würden in Kürze zwei Varianten der “Fit ME!”-Foundations von Maybelline online exklusiv angeboten. Und: Ab dem kommenden Sommer sollen zwei dunkle Töne einer Foundation von L’Oreal in 100 dm-Filialen erhältlich sein.

Auch bei BIPA heißt es auf Nachfrage von k.at, dass man als Händler immer mehr feststelle, dass ein Umdenken in Hinblick auf die Farbenvielfalt von Make-up stattfinde. “Es gibt nicht nur viel feinere Abstufungen zwischen verschiedenen Farbtönen, sondern auch mehr dunkle Töne im Sortiment, zum Beispiel bei L’Oreal, NYX und Manhattan”, so eine Pressesprecherin. Außerdem gebe es Produkte wie die "Mix&Fix-Drops" von Gosh, die es Frauen ermöglichen, den Farbton ihres Make-ups zu verdunkeln. Die breiteste Farbpalette im BIPA-Sortiment bietet übrigens die Marke NYX an.

Die Influencerin und Autorin Christl Clear hat Ewigkeiten gebraucht, um die richtige Foundation für ihre Haut zu finden, wie sie gegenüber k.at erzählt. “Der Beauty-Markt hatte lange wenig Auswahl für People of Color. Mittlerweile hat sich viel getan – was nicht heißt, dass es nicht noch Luft nach oben gibt. Sei es bei den Marken, die weder ganz helle noch dunkle Töne anbieten, bei den Shops, die keine dunklen Produkte ins Sortiment nehmen oder bei den Make-up-Artists, die keine passenden Produkte mit zum Set bringen, weil sie sie schlicht und einfach nicht haben.” Christl bringt zu Shootings aus diesem Grund sogar ihre eigene Schminke mit. Selbst verwendet sie je nach Anlass und Laune MAC, NYX, Clinique oder Urban Decay. “Vor fünf Jahren hätte ich niemals so viele Kosmetikmarken aufzählen können, die in Österreich Make-up für Schwarze Menschen anbieten”, so Christl.

Ihr Make-up kauft Christl nicht in Drogerien wie BIPA oder dm, da ihr die Foundations in dunklen Tönen, die dort angeboten werden, immer noch zu hell sind. Darum shoppt sie lieber in Parfümerien wie Douglas oder Marionnaud, online – beispielsweise auf Zalando Beauty – oder im Ausland.

Anderen Women of Color, die noch auf der Suche nach dem richtigen Make-up sind, rät sie, sich auf Kompromisse einzulassen. Ist selbst die dunkelste Nuance immer noch zu hell, kauft man eben bei einem anderen Label. Einfach nur, um Drogerieketten wissen zu lassen, dass es Nachholbedarf gibt, fragt Christl immer wieder bei MitarbeiterInnen nach, außerdem sei es wichtig, sich mit anderen Schwarzen Frauen auszutauschen. “Da kann es schon mal passieren, dass mich eine wildfremde Frau auf der Straße fragt, was ich denn für ein Make-up benutze und ich finde es nicht einmal merkwürdig, weil ich verstehe, wieso sie mich gerade fragt. Wir haben ja dieselbe Herausforderung zu bewältigen.”