APA - Austria Presse Agentur

Spannung um Oscars bei den Frauen größer als bei den Männern

Die einzige Gewissheit, wenn es um das heurige Oscar-Rennen am 27. März um die Krone der besten Hauptdarstellerin geht, ist, dass es keine Gewissheit gibt. Jessica Chastain und Nicole Kidman sind starke Konkurrentinnen. Bei den Männern ist Will Smith indes klarer Favorit in der Kategorie Bester Hauptdarsteller, aber es gibt potente Alternativen, unter anderem Benedict Cumberbatch und Denzel Washington.

Monatelang fühlte es sich so an, als wäre Kristen Stewarts Sieg als Beste Hauptdarstellerin eine ausgemachte Sache, aber es ist noch zu früh, ihr die Krone zu überreichen. Die Screen Actors Guild Awards - die wichtigsten Vorläufer der Schauspielkategorien - ließen Stewart im Rennen um die beste Hauptdarstellerin sieglos, ebenso wie die Critics Choice Awards. Jessica Chastain, die in "The Eyes of Tammy Faye" die Rolle der Tammy Faye Bakker spielt, wurde hingegen als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet und könnte diesen Sieg leicht in einen Oscar ummünzen.

Kristen Stewarts Rolle der ebenso nervigen wie subversiven Prinzessin Diana in Pablo Larrains "Spencer" wurde von einigen Kritikern als "Offenbarung" gefeiert. Aber die Performance der 31-jährigen Schauspielerin polarisiert stärker als die ihrer Konkurrentinnen.

Für Chastain (44) spricht, dass es eine sehr transformative Rolle ist. Wenn der Award an der Zeit gemessen wird, die man im Schminkstuhl verbringt (wie es oft bei den Oscars der Fall ist), gewinnt Chastain. Sie spielt die christliche Fernsehpredigerin Tammy Faye Bakker, deren Ehemann wegen Betrugs ins Gefängnis kam. "The Eyes of Tammy Faye" erlitt verschlafene Einspielergebnisse und laue Kritiken, aber Chastains schrille, leicht manische Darbietung ist unbestreitbar großartig.

Hollywoods Lieblingsthema ist jedoch Hollywood. Einer von mehreren Gründen, warum Nicole Kidman gewinnen könnte. Für ihre Verkörperung der Comedienne Lucy Ball in "Being the Ricardos" hat die 54-jährige Australierin einen Golden Globe bekommen. Es ist zwei Jahrzehnte her, seit sie für ihre Rolle der Virgina Woolf in "The Hours" (2002) einen Oscar gewann, und die heurige Auszeichnung könnte eine Anerkennung der Karriere sein, die sie für sich selbst aufgebaut hat.

Den Reigen vervollständigt Olivia Coleman (48), eine der besten Schauspielerinnen der Gegenwart, auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass sie mit ihrer grandiosen Leistung in Maggie Gyllenhaals Regiedebüt "The Lost Daughter" die Trophäe holt. Colman spielt eine Professorin mittleren Alters, die sehr widersprüchlichen Gefühle über ihr Dasein als Mutter hat. Coleman gewann bereits 2019 einen Oscar für "The Favourite", was manche zur Überlegung veranlassen könnte, dass es jetzt auch mal gut ist. Allerdings hatte sie damals der favorisierten Glenn Close ihren Oscar weggeschnappt, man sollte die Engländerin also nicht unterschätzen.

Die fünfte Nominierte in dieser Sparte ist Penélope Cruz ("Vicky Cristina Barcelona"), die für Pedro Almodóvars "Parallel Mothers" nominiert ist. Die 48-Jährige spielt eine Fotografin, die im Alter von 40 Jahren unerwartet schwanger wird, worauf das Krankenhaus ihr Baby mit dem einer anderen Frau verwechselt. Keiner der Kandidatinnen spielt in einem Film mit, der für den Besten Film nominiert ist. Jede von ihnen hat eine realistische Chance zu gewinnen.

Bei den Männern sieht es da schon anders aus. Will Smith (53) gilt als klarer Favorit, und sein Sieg bei den Golden Globes, den Screen Actors Guild Awards, den Critics Choice Awards, und den British Academy Film Awards stellt so gut wie sicher, dass er der Spitzenreiter bleiben wird mit der Rolle von Richard Williams, Vater von Serena und Venus Williams. Smith hat noch nie einen Oscar gewonnen. In der Vergangenheit war er mit seiner Rolle als Muhammad Ali in Michael Manns dichtem Biopic im Jahr 2001 und der Rolle des Geschäftsmanns Chris Gardner in "Das Streben nach Glück" (2006) nah dran. Seine bisher besten Chancen hat er aber mit Reinaldo Marcus Greens "King Richard".

Wenn jemand Will Smith die Trophäe wegschnappen kann, dann ist vermutlich der britische Schauspieler Benedict Cumberbatch (45). Der liefert als schwieriger Rancher im Montana der 1920er die beste Leistung seiner Karriere in Jane Campions aufregendem Drama "The Power of the Dog", das insgesamt 12 Nominierungen erhielt.

Aber man sollte nie Denzel Washington unterschätzen. Er ist der erste schwarze Schauspieler, der neun Oscar-Nominierungen zu verbuchen hat. Washington, bereits zweifacher Gewinner ("Glory", "Training Day"), gibt eine großartige Leistung als der titelgebende schottische König in Joel Coens Shakespeare-Adaption "The Tragedy of Macbeth". Aber wenn Smith, Cumberbatch und Washington irgendwie ins Stocken geraten, bleiben noch andere Optionen: Andrew Garfield (38) ist aufgrund seiner lautstarken Onlinefangemeinde und seiner geliebten Performance als der Komponist Jonathan Larson im Netflix-Musical "tick, tick... BOOM!" ein faszinierender Underdog. Verdient hätte er es auf jeden Fall. Schließlich gibt es noch Javier Bardem (53). Der spanische Oscar-Preisträger ("No Country for Old Men") spielt Desi Arnaz an der Seite von Nicole Kidman in Aaron Sorkins "Being the Ricardos", und Bardem wurde für seine überaus sympathische und charmante Darstellung gelobt. Er wird vermutlich mit leeren Händen nach Hause gehen, aber es ist schön, dass er dabei ist.