APA - Austria Presse Agentur

Tschechien hat seinen "göttlichen Karel" verloren

Mit dem Tod des Schlägersängers Karel Gott erleiden Tschechien und seine Kulturszene einen schweren Verlust. Seit seinem Einstieg ins Showbusiness residierte Gott an der Spitze der Popularität, die er auch in deutschsprachigen Ländern genossen hat. Vor allem die Hits wie "Biene Maja", "Lady Carneval", "Babicka" oder "Einmal um die ganze Welt" brachten ihm Ruhm.

In seiner Heimat war der am 14. Juli 1939 im westböhmischen Pilsen geborene Karel Gott eine Legende. Insgesamt 42 Mal gewann er den heimischen Publikum-Preis "Goldene Nachtigall" bzw. "Tschechische Nachtigall". In seinem Land wurde er oft als "bozsky Karel" ("göttlicher Karel") bezeichnet, im Ausland als "Goldene Stimme aus Prag" oder "Sinatra des Ostens". Nach Schätzungen verkaufte er in seiner über 60 Jahre dauernden Karriere mehr als 50 Millionen Tonträger.

Seine Popularität wusste Gott sehr sorgfältig zu pflegen. Im Unterschied zu mehreren seiner Kollegen war er dafür bekannt, dass er seinen Fans nie ein Autogramm verwehrte. Nach den Konzerten verteilte er sie geduldig so lange, bis der letzte wartende Fan an der Reihe war.

Ursprünglich träumte der in Tschechien erfolgreichste Schlagersänger aller Zeiten von einer Karriere als Maler. Da er die Aufnahme in die Kunstgewerbeschule nicht schaffte, fügte er sich aber dem Wunsch seines Vaters und lernte im Prager Maschinenbaubetrieb CKD den Beruf Elektromonteur. Erst später wurde er von Talente-Scouts entdeckt, die ihm mit 21 Jahren den Weg auf das Prager Konservatorium ebneten. "Damit wurde ich aus meinem Zwiespalt erlöst. Und bei CKD hat man aufgeatmet, weil ein schlechter Elektriker wegging", scherzte Karel Gott einmal.

Trotz der allgemeinen Anerkennung und des Ruhmes blieb ihm Kritik nicht erspart. Dabei ging es aber gar nicht um seine künstlerischen Qualitäten. Besonders nach der "samtenen Revolution" 1989 wurde Karel Gott mit Vorwürfen konfrontiert, in Eintracht mit dem kommunistischen Regime der ehemaligen Tschechoslowakei gelebt zu haben, während andere Sänger, die sich 1968 offen gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen engagiert hatten, jahrelang nicht auftreten durften oder in den Westen fliehen mussten.

Auch Karel Gott erwägte jedoch Anfang der 70-Jahre, nach einer Tournee in West-Deutschland zu bleiben. KP-Chef Gustav Husak persönlich, angeblich von Moskau veranlasst, überzeugte ihn via der diplomatischen Vertretung Bonn zur Rückkehr nach Prag und sicherte ihm zu, auf keine Weise verfolgt zu werden. "Husak hat erfüllt, was er versprochen hat. Deshalb konnte und wollte ich nicht gegen ihn auftreten", erinnerte einst der Künstler. "Ich weiß, dass das heute schwer zu erklären ist. Nach dem Krieg fühlt sich aber jeder als General", fügte er hinzu.

Jahrzehntelang lebte Karel Gott in seiner Villa im Prager Stadtteil Smichov, wo er am Dienstag auch starb. Die Kraft fürs Leben gab ihm zuletzt auch seine um 37 Jahre jüngere Ehefrau Ivana, mit der er zwei Töchter hatte - Charlotte Ella (13) und Nelly Sofie (11). Aus früheren Beziehungen hatte er noch zwei andere Töchter - Dominika (46) und Lucie (32). Mit Charlotte Ella sang Karel Gott auch sein letztes Lied - "Srdce nehasnou" ("Die Herzen verlöschen nicht").