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Sollen InfluencerInnen trotz Krieg weiter Werbung posten?

Immer mehr InfluencerInnen werden angefeindet, weil sie trotz der Ukraine-Krise weiter munter Produkte bewerben.

In Europa herrscht wieder Krieg – es ist nach wie vor eine Ausnahmesituation, in der sich die Welt an diesem Punkt befindet. Umso befremdlicher kann es wirken, wenn zwischen all den Spendenaktionen, Petitionen und Solidaritätsbekundungen auf Social Media plötzlich eine quietschfidele YouTuberin auftaucht und für Kosmetikprodukte wirbt, als wäre alles in Ordnung.

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Immer mehr InfluencerInnen geraten dieser Tage ins Kreuzfeuer der Kritik, weil sie trotz der aktuellen Lage in der Ukraine weiterhin "normalen" Content posten: Produktwerbungen aber auch belanglose, amüsante Beiträge können in Zeiten der Krise schnell mal deplatziert und unpassend wirken.

Auch Michael Buchinger kriegt das zu spüren: Der YouTuber unterstützt auf Instagram zwar einen Spendenaufruf der Caritas und teilt Hilfestellungen zum Krieg in der Ukraine, in seiner Story berichtet er aber weiterhin auch über seinen Alltag, der schließlich weitergeht. Als er zuletzt über einen defekten Aufzug klagte, wurde er schnell dafür kritisiert – die Welt habe schließlich gerade wichtigere Probleme, hieß es in einer forschen Nachricht, die Michael Buchinger schließlich mit seinen FollowerInnen teilte.

Michael Buchinger: "Uns alle plagt ein Gefühl der Ohnmacht"

"Es ist ganz schwierig zu wissen, wie wir uns jetzt in den sozialen Medien verhalten sollen, weil uns natürlich alle ein Gefühl der Ohnmacht plagt", so Michael Buchinger gegenüber k.at. "Klar habe ich gespendet und ein paar Fundraiser geteilt, aber ich komme mir auch komisch dabei vor, so als hätte ich einfach ein Häkchen dahinter gesetzt und mir gedacht: 'Super, hab einen Fundraiser geteilt, jetzt kann ich ja ohne schlechtes Gewissen mit den Girls brunchen gehen!'" 

Buchinger ist, wie er selbst sagt, nicht für seine "politischen Analysen oder treffenden Worte zu weltweiten Krisen bekannt" – ein großer Teil seines Jobs ist Comedy. Mit der Aufzugs-Story wollte er seine FollowerInnen einfach auf andere Gedanken bringen. "Wenn wir uns jetzt jegliche Form von Freude verbieten, lassen wir ja erst recht das Böse gewinnen", findet der YouTuber.

Nichtsdestotrotz ist Social Media für Menschen, die damit ihr Geld verdienen, momentan ein Drahtseilakt. "Weniges von dem, was wir jetzt posten, wird den richtigen Ton treffen", denkt Michael Buchinger. "Viele Leute haben es satt, triggernde Bilder in ihrer Timeline zu sehen, andere wollen keine banalen Postings wie sonst auch immer sehen – und im Vergleich zum Krieg ist natürlich alles banal."

Ähnlich stellte Austro-Influencerin Christl Clear kürzlich auf Instagram klar, dass sie sich nicht ausschließlich mit ernsten Themen auseinandersetze, weil sie schließlich keine Aktivistin sei. "Da draußen gibt es Menschen, die diesen Job gelernt haben und wirklich gut machen, und ich gehöre nicht dazu", so die Autorin in ihrer Story.

Die deutsche Influencerin Angelina Pannek, bekannt aus "Der Bachelor", hat auf Instagram über 750.000 AbonnentInnen. Auch sie wurde kürzlich dafür kritisiert, trotz Ukraine-Krise weiterhin Werbung zu machen. In ihrer Story wehrte sie sich: "Wir reden sehr, sehr viel darüber in der ganzen Familie, weil es uns natürlich alle belastet und wir unendlich traurig sind und natürlich Angst haben", so die Reality-TV-Darstellerin. Das ändere aber nichts daran, dass es auf ihrem Instagram-Kanal weitergehe.

Michael Buchinger selbst hat einige geplante Werbe-Kooperationen vorerst verschoben – weil es sich doch komisch anfühlen würde, "jetzt lächelnd einen Toaster zu bewerben". Diese Verschnaufpause sei für ihn aber auch nur möglich, weil er neben Instagram auch andere Einnahmequellen hat.

Viele InfluencerInnen sind jedoch finanziell von Kooperationen abhängig – und irgendwie müssen sie schließlich auch ihre Miete bezahlen. Es ist nun mal ihr Beruf – genau deshalb würde auch Michael Buchinger jetzt keine InfluencerInnen verurteilen, die weiterhin Werbung posten: "Leute in 9-to-5-Jobs bleiben ja jetzt auch nicht tagelang zuhause, bis es sich wieder 'richtig' anfühlt, zu arbeiten."