APA - Austria Presse Agentur

Vielschichtige Mörderjagd in Leo Lukas' "Mörder Pointen"

Leo Lukas ist nicht der einzige heimische Kabarettist, der quasi im Nebenerwerb Kriminalromane verfasst. Jedoch wird den gebürtigen Steirer wohl kaum jemand aus seiner Branche übertreffen können, wenn es um die Einbindung von historischem, kulturellem und kirchengeschichtlichem Wissen ins belletristische Werk geht - nebst zeitgenössischen Problemen und Entwicklungen. Das alles findet in den jüngst erschienenen "Mörder Pointen" Platz, dem Nachfolgewerk von "Mörder Quoten".

Entlang des Leitthemas Minigolf - jedes Kapitel wird mit einer von 18 Bahnen dieses beliebten Freizeitspiels samt einem (Flach-)Witz eingeleitet - begibt man sich bei der Lektüre rund 230 Seiten lang gemeinsam mit drei Hauptfiguren auf Mörderjagd. Diese drei sind grundverschieden, streben aber auf jeweils ihre Art und auf verschiedenen Ebenen miteinander kooperierend, zum Teil aber auch in Konkurrenz zueinander dasselbe an. Es handelt sich um einen nur als "der Bravo" bekannten Auftragsmörder, um den Stimmakrobaten Peter Szily und die Chefinspektorin Karin Fux. Während Letztere eine Mordserie an Kabarettisten und Komödianten aufzuklären versucht, will Ersterer zuallererst Verdachtsmomente gegen ihn selbst zerstreuen. Und Szily, in der Branche als "der Pez" bekannt, wird von der Chefinspektorin um verdeckte Hilfe bei den Ermittlungen ersucht, während er seinerseits Hilfe beim "Bravo" einfordert, den er zuvor durch einen Trick fast in eine Falle hatte tappen lassen. Nicht zuletzt sieht sich "der Pez" als Mitglied der von insgesamt drei Morden betroffenen Komödianten-Branche auch selbst in Gefahr.

Diese Grundkonstellation, die anfangs etwas sperrig erscheinen mag, entfaltet im Laufe der Handlung nach und nach ihre Logik und vor allem Dynamik. Schon aufgrund der verschiedenen Tatorte, Wien-Süd, Linzer Hafen und am Pass Thurn nahe Kitzbühel, ergeben sich in der Geschichte einige Schauplatzwechsel, gegen Ende kommt auch noch die Kasemattenbühne am Grazer Schlossberg zu ihrem Einsatz.

Der Krimi ermöglicht nicht nur Einblicke hinter die Kulissen des Showgeschäfts einerseits und der Unterwelt andererseits, sondern befasst sich auch mit zeitgenössischen Themen wie Korruption, dem Treiben von Immobilienhaien, der Erteilung von Baugenehmigungen ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Errichtung sogenannter Chalet-Dörfer in den schönsten Landschaften unseres Landes - samt der obligatorischen Verstrickung der Politik in diese Machenschaften. Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft finden ebenso Erwähnung wie die angekündigte Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Selbst die Corona-Pandemie, die auch das Schaffen von Kabarettisten und Komödianten stark eingeschränkt hat, findet Erwähnung.

Dass dem Buch der sonst häufig verwendete Hinweis, dass Ähnlichkeiten mit tatsächlich existierenden Personen nicht gewollt und wenn, dann höchst zufällig sind, fehlt, ist wiederum kein Zufall. Die Beschreibung von Mordopfern und anderen in der Branche Aktiven lässt ganz konkrete Rückschlüsse auf reale Kleinkünstler und -innen zu - und Leo Lukas klärt in einem Kurzinterview am Ende auf, dass er sich von allen Betroffenen die Erlaubnis dazu eingeholt hat. Einzig der Bravo ist "nur eine Ausgeburt meiner kranken Fantasie", wie der Autor unzähliger "Perry-Rhodan"-Romane ebenfalls aufklärt.

Auch so manches Medienerzeugnis, das nur bedingt eine Bereicherung des heimischen Print- und Onlinemarktes darstellt, findet in den "Mörder Pointen" Erwähnung. Einerseits kein Wunder, dienen doch diverse Medien auch im echten Leben als Werkzeuge diverser Machenschaften oder populistischer Umtriebe, andererseits war Lukas einst selbst als Lokalreporter und in der Kulturabteilung der "Kleinen Zeitung" tätig und kennt somit auch diese Branche ziemlich gut.

Abschließend bleibt lobend herauszustreichen, dass sich der in Wien lebende Künstler bewusst österreichischer Ausdrücke bedient, statt der Theke gibt es hier etwa in Lokalen "die Budel" - ja er klärt sogar auf, dass es in der heimischen Polizei anders als vom "von Deutschland beeinflussten Fernsehen" suggeriert keine Kommissare gibt und dass der berühmte Kottan-Spruch "Inspektor gibt's kan" eben doch nicht ganz korrekt ist. Selbst Ausflüge in die englische Sprache werden in den "Mörder Pointen" korrekt absolviert, ist doch von "Stories" die Rede und nicht wie in so vielen deutschsprachigen Medien von "Storys". So gesehen bleibt zu hoffen, dass dem Autor noch mehr Stories rund um den Bravo, den Pez und Chefinspektorin Fux einfallen.

(S E R V I C E - Leo Lukas: "Mörder Pointen", ueberreuter, 230 Seiten, 16,00 Euro)