APA - Austria Presse Agentur

"Voyage" in die gute alte Zeit: Abbas Comeback elektrisiert

Schon nach wenigen Stunden haben Millionen die beiden neuen Abba-Songs bei Youtube angeklickt. Es ist eine Sensation im Musikkosmos. Die legendäre schwedische Pop-Band veröffentlicht zwei neue Lieder, kündigt ein neues Album an und in London außerdem eine rund anderthalbstündige Show mit 22 Songs, in der ab Mai 2022 digitale Abbilder/Avatare (sogenannte Abbatare) der vier Musiker von einer zehnköpfigen Liveband begleitet werden sollen.

Nach ihrer Trennung im Jahr 1982 hatten Abba immer wieder ausgeschlossen, wieder zusammenzukommen. Überraschend teilte die Popgruppe dann 2018 mit: "Es war so, als ob die Zeit stillgestanden habe, und wir waren nur für einen kurzen Urlaub weg." Damals verrieten Agnetha Fältskog, Benny Andersson, Björn Ulvaeus und Anni-Frid "Frida" Lyngstad (deren Vornamen als sogenanntes Akronym den Bandnamen ABBA ergeben), zwei neue Songs aufgenommen zu haben.

Fans waren elektrisiert. Und mussten nochmal drei Jahre warten. Doch jetzt, wenn sie "Don't Shut Me Down" und "I Still Have Faith In You" hören, verstehen Millionen, was mit der gefühlt kurzen Abwesenheit von Agnetha (heute 71), Benny (74), Björn (76) und Anni-Frid (75) gemeint war. Es sind Songs, die wie aus einer Zeitkapsel der späten 70er in unsere Gegenwart gesprungen zu sein scheinen.

Viele trauen ihren Ohren kaum: Ist das jetzt gerade das Jahr 2021 oder 1978? Passend dazu heißt das neue Album, das für Anfang November angekündigt worden ist, auch noch "Voyage", also auf Deutsch "Reise". Und die Musik ist wie eine Reise, eine bon voyage, in die Vergangenheit - in die gute alte Zeit, wie wohl manche denken.

Die beiden am Donnerstag veröffentlichten neuen Songs "I Still Have Faith in You" und "Don't Shut Me Down" kamen überwiegend gut an. "Ein emotionales, wirklich brillantes Comeback", lobte etwa die schwedische Zeitung "Expressen". Es gab aber auch vereinzelt kritische Stimmen.

"Die Magie ist immer noch da - mit einem bittersüssen Discobeat", schrieb die britische "Times". "Es klingt genau wie Abba, allerdings mit der Erfahrung eines ganzen Lebens." Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus, Benny Andersson und Anni-Frid Lyngstad hatten 1982 eigentlich nur eine Pause einlegen wollen, ohne zu ahnen, wie lange es dauern würde, bis Abba wieder zusammen im Studio stehen.

"Es ist so kraftvoll, Agnetha und Anni-Frid nach 40 Jahren gemeinsam 'I Still Have Faith In You' singen zu hören", schwärmte der "Guardian", "und das verführerische, freche 'Don't Shut Me Down' ist sogar noch besser." Die Singles seien "feingeschliffen", um Emotionen auszulösen - "es sei denn, Sie waren schon immer immun gegen Abbas Charme, dann werden diese Lieder Ihr kaltes Herz nicht erweichen".

Andersson und Ulvaeus hatten die neuen Songs gemeinsam mit Plänen für eine virtuelle Konzertshow vorgestellt, die im kommenden Jahr in London zu sehen ist. "Die Super Troupers machen wieder das, was sie am besten können: mitreißende, hochklassige Popmusik", resümierte die "Daily Mail" anschließend. "Thank you for the new music!"

Begeistert äußerte sich der renommierte Musikkritiker Per Sinding Larsen, der in Schweden eine Art Pop-Instanz ist. "Es gibt nicht viele, die mit Abba in dieser Liga konkurrieren", sagte er dem "Göteborgs Posten". Er lobte, dass die Band nicht versucht habe, aktuellen Trends zu folgen, sondern ihrem Sound treu blieb. "Ich finde, es klingt überraschend gut", so Sinding Larsen, der Potenzial für neue Welthits sieht: "Ja, das glaube ich tatsächlich."

Auch Musikerkollegen reagierten erfreut auf das Comeback der Hitmacher. US-Rocker Gene Simmons teilte die Ankündigung neuer Abba-Musik bei Twitter mit einem kurzen "Yay!!!". Der Sänger und Bassist der Hardrock-Band Kiss ist lange bekennender Abba-Fan. Kultregisseur und Komponist John Carpenter (73, "Halloween") twitterte: "Sie klingen unglaublich. Die neuen Songs sind Abba pur. Ich fühle mich, als wäre ich wieder 28!"

Weniger euphorisch bewertete hingegen die Zeitung "Telegraph" das Comeback. "Es ist vielleicht die am meisten ersehnte Reunion der Popgeschichte, aber Abbas Comeback-Single hat was von einem Rohrkrepierer", schrieb das Blatt. "Das Album muss deutlich besser werden, damit die Treue (der Fans) belohnt wird."

Dass - bei aller Begeisterung - die neuen Songs nicht ganz mit großen Klassikern wie "Fernando", "Waterloo" oder "Dancing Queen" mithalten kann, räumte die Zeitung "The I" ein. "Aber die pure Freude daran, Musik zu machen, ist in beiden Songs offensichtlich, wie sie es immer war, selbst an Abbas Tiefpunkten. Abba sind wirklich zurück." Das Album "Voyage" mit zehn Songs wird am 5. November veröffentlicht.

Abba zählt zu den erfolgreichsten Bands überhaupt. Es begann 1974 beim Eurovision Song Contest im südenglischen Seebad Brighton. In den Folgejahren wurde Abba europäischer Konsens-Pop. Die Lieder wurden immer wieder gecovert oder benutzt, etwa von Stars wie Cher (Album "Dancing Queen", 2018), Madonna (der Hit "Hung Up", 2005), den Fugees ("Rumble In The Jungle", 1997) oder Erasure ("Abba-esque", 1992).

Das Musical "Mamma Mia!" mit Abba-Hits und dessen Verfilmung mit Meryl Streep und Amanda Seyfried festigte in den Nullerjahren ältere Fans und gewann auch Jüngere für die Ohrwürmer hinzu. Viele dieser Leute sind nun gerührt. Und Abba scheint sich auch an sie alle zu richten. Im Text von "Don't shut me down" heißt es nämlich übersetzt: "Und jetzt siehst du ein anderes Ich, ich wurde neu geladen". Und: "Ich bin wie ein Traum in einem Traum, der entschlüsselt wurde; Ich wurd entzündet, ich brenne, schalt mich nicht aus."