Marc Weber

Warum CBD-Produkte in Österreich immer mehr zum Politikum werden

Das Gesundheitsministerium hat den Verkauf des nicht-psychoaktiven Wirkstoffs der Cannabispflanze eingeschränkt. Dennoch sind CBD-Produkte in den Shops erhältlich. Wir haben mit einer Shopbesitzerin, einem Toxikologen und dem Gesundheitsministerium gesprochen.
Adisa Beganovic Adisa Beganovic

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"Unser Shop befindet sich gegenüber der Polizei. Wenn die Leute fragen, ob das legal ist, was wir machen, dann zeigen wir auf die Polizeistation, das schafft Vertrauen bei Kunden", sagt Sofie Sagmeister von Magu, die gemeinsam mit Sebastian Riessland und Juri Scotland 2017 einen der ersten CBD-Shops in Wien eröffnete. "Am Anfang hatten wir einen Pop-up-Store, das Feedback der Kundschaft war so gut, dass wir uns dann nach passenden Räumlichkeiten umschauten", so Sagmeister im Gespräch mit k.at. Mittlerweile verkaufen sie in zwei Shops und online legal Cannabisblüten, Hanftees und CBD-Öle. Die Naturverbundenheit im Geschäftslokal in der Stiftgasse in Wien-Neubau ist auf den ersten Blick sichtbar. Ein Holztresen, ein paar Pflanzen und ein selbstgemachtes Wandbild aus Moos – mit einem Hanfblatt in der Mitte. "Wir bieten neun verschiedene Sorten an, beispielsweise Franz oder Sissi. Wir haben den Produkten Namen geben, um das negative Image los zu werden", sagt Sofie Sagmeister. Derzeit ist aber noch unklar, ob sie auch in Zukunft damit weitermachen kann.

Sofie Sagmeister eröffnete mit Sebastian Riessland und Juri Scotland den CBD-Shop Magu.

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Im Dezember 2018 sorgte eine Aussendung des Gesundheitsministeriums sowohl bei CBD-Shops als auch bei der Kundschaft für Verwirrung. Denn per Erlass wurde der Verkauf von CBD-haltigen Lebensmitteln und Kosmetika verboten, weil sie unter die Novel-Food-Verordnung der EU fallen. Anders sei es bei herkömmlichen Lebensmitteln, die Hanf enthalten, wie Hanfsamenmehl oder Hanflimonaden, heißt es auf Nachfrage von k.at aus dem Gesundheitsministerium. Demnach dürfen die CBD-Produkte nur noch in Apotheken verkauft werden.

CBD steht für Cannabidiol und ist einer von hunderten Wirkstoffen der Cannabispflanze. Zum bekanntesten Wirkstoff zählt Tetrahydrocannbinol (THC), der im Gegensatz zu CBD psychoaktiv ist. Damit Hanfprodukte verkauft werden dürfen, muss der Wert des THC-Wirkstoffs unter 0,3 Prozent liegen. Dies trifft auf CBD-haltige Erzeugnisse zu, denn sie unterliegen nicht dem Arznei- oder Suchtmittelgesetz. "CBD macht nicht süchtig, es wirkt nicht berauschend und lässt sich mit dem Sprichwort, 'wenn es nicht hilft, schadet es nicht', beschreiben", erklärt Primar Kurosch Yazdi, Chef der Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin im Kepler-Uni-Klinikum und Autor des Buches Die Cannabis Lüge. Was die medizinische Wirkung von CBD angeht, so gebe es derzeit keine weltweite wissenschaftliche Studie dazu. "Bei manchen Menschen wirkt es entspannend und kann beispielsweise bei Hautirritationen helfen. CBD ist eine Art Lifestyle-Produkt mit einem Placebo-Effekt", sagt der Primar. Dennoch sind CBD-Shops und ihre Waren zum Politikum geworden.

CBD-feindliche Politik

In Österreich soll es Medien zufolge rund 250 CBD-Shops geben. Seit der Ankündigung der Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein drohen der Branche herbe Verluste. "Wir dürfen keine Auskunft über die Einnahme oder die Wirkung von von CBD-Ölen oder wasserlöslichem CBD geben. Auf den Produktetiketten steht nicht mehr 'Nahrungsergänzungsmittel', sondern 'Aromaprodukt' und ein Hinweis, dass diese nicht zum Verzehr geeignet sind", erklärt Sagmeister. Die Tatsache, dass sie KundInnen nicht mehr ausführlich informieren und beraten kann, verunsichert diese und wirkt sich entsprechend negativ auf das Geschäft aus. Sagmeister und ihr Team mussten sich auch von MitarbeiterInnen trennen. Dennoch würde das Geschäft im siebten Gemeindebezirk nach wie vor gut laufen. Ihre Kundschaft sei gesundheitsbewusst und altersmäßig gut durchmischt. "Der älteste Kunde, der uns sein Alter verraten hat, ist 95", sagt Sofie Sagmeister. Die meisten Leute, die CBD-Öle einnehmen, erzählen ihnen von Menstruationsbeschwerden oder Schlafstörungen. Auch ältere Frauen in den Wechseljahren würden wegen des hormonellen Ungleichgewichts in den Shop kommen.

Es darf keine Auskunft über die Einnahme oder die Wirkung von CBD-Ölen gegeben werden.

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Sagmeister verweist in der Debatte auch auf die fehlenden Qualitätsstandards für cannabinoidhaltige Produkte. "Das ist wichtig, damit keine Öle mit zu hohem THC-Gehalt verkauft werden oder es nicht dazu kommt, dass Produkte Pestizide enthalten", erklärt Sagmeister, die ihre Waren mittels EU-zertifizierter Prüfmethode testen lässt.

Andere Länder – andere Rechtslage

Der Wiener Toxikologe Rainer Schmid findet den Kritikpunkt hinsichtlich der Qualitätskontrolle ebenso berechtigt. "Wenn dem Bundesministerium für Gesundheit Konsumenten-Sicherheit und -Schutz ein Anliegen gewesen wäre, dann hätte man kopieren müssen, was in vielen nordamerikanischen Ländern bereits länger Vorschrift ist: eine verpflichtende und umfassende Qualitätskontrolle aller CBD- und Cannabis-Produkte am Markt durch die Produzenten", sagt Schmid. Diese verpflichtenden Qualitätsanalysen durch unabhängige Labors seien in einigen Ländern inzwischen so streng, dass alle Cannabis-Produkte in die Qualitätsklasse von pharmazeutischen Produkten rücken würden. Trotzdem seien sie dort noch immer um ein vielfaches billiger als in Österreich, wo es keine Qualitätskontrolle gäbe, so Schmid.

Was bedeutet nun der Erlass der Regierung für die CBD-Shops? "Es ist eine politische Frage, ob CBD-Produkte in Apotheken oder in Shops verkauft werden sollen. Beispielsweise wird Aspirin in gewissen Ländern in Drogeriemärkten verkauft, bei uns ist es ausschließlich in Apotheken erhältlich", erklärt Primar Kurosch Yazdi. Durch den immer größer werdenden Markt an CBD-Produkten in Europa wird sich wohl das Interesse in Österreich – trotz gesetzter Maßnahmen – nicht unterdrücken lassen können. "Wir haben uns Wissen hinsichtlich Anbau angeeignet, das in Ländern wie den USA und Kanada, wo CBD boomt, fehlt. In Österreich werden Chancen verbaut, obwohl der Trend Richtung Legalisierung geht. Ausländische Firmen könnten den heimischen Markt überlaufen", sagt Sofie Sagmeister.

Das Gesundheitsministerium verweist auf die Frage, wie die Zukunft von CBD-Shops aussehen wird, lediglich auf die bestehende gesetzliche Lage. Diese würde sich auf "bestimmte Warengruppen (wie beispielsweise CBD-Öle), die nicht als verkehrsfähig angesehen werden können", beziehen. Ob die Shops schließen und die Produkte ausschließlich in Apotheken erhältlich sein werden, ist noch offen. Sofie Sagmeister sei noch am überlegen, ob sich der Verkauf in Österreich noch auszahlt. Anders würde es das Nachbarland Deutschland regeln, wo darüber diskutiert wird, wo Flächen für den Anbau von Medizincannabis geschaffen werden sollen, um die Importabhängigkeit zu reduzieren. "Uns war es wichtig, das gefährliche Drogenimage von CBD los zu werden und etwas Ungefährliches für die Menschen zugänglich machen. Was bei uns im Regal ist, wächst auch bei Bauern auf den Feldern", sagt Sofie Sagmeister.