APA - Austria Presse Agentur

Weder Dixie noch Country: Chicks ganz ohne den Süden

Rund 14 Jahre nach ihrem bisher letzten Album melden sich die Dixie Chicks mit einem neuen Werk zurück.

Besser gesagt: Das Trio macht unter dem Namen The Chicks weiter, da die Frauen angesichts der Protestbewegung gegen Rassismus und Polizeigewalt an Afroamerikanern das "Dixie" gestrichen haben. Denn dieses Wort gilt als Synonym für den einst von Sklavenhaltung geprägten alten Süden der USA.  Und noch etwas Süden ist verschwunden - die Country-Musik der Texanerinnen ist im Album "Gaslighter" Pop und Rock gewichen. Geblieben ist bei Sängerin Natalie Maines und den Schwestern Emily Robison und Martie Maguire auf jeden Fall das Streitbare. Denn das hatte vor gut eineinhalb Jahrzehnten mit für ihre "Kunstpause" gesorgt. Damals hatten sie sich offen gegen den drohenden Irak-Krieg des damaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush gestellt und dies auf der Bühne und in Interviews auch öffentlich kritisiert. Die Mitglieder der Band erklärten zudem, dass sie sich für ihren ebenfalls aus Texas stammenden Präsidenten schämten.

Dies sorgte für einen Aufschrei in der gesamten Country-Szene, die vielfach von konservativen Rednecks geprägt ist. Unter dem Druck der zunehmenden Kritik ihrer Fans und des Ausbleibens von Besuchern ihrer Konzerte zogen sich die damaligen Dixie Chicks mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Der Titel ihres 2006 erschienenen Albums "Taking The Long Way" wirkte wie die Andeutung einer langen Auszeit.

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Doch die Bandnamens-Änderung zeigt, dass die drei Frauen weiterhin eine klare Linie verfolgen und sich in ihrer Gesellschaftskritik nicht beirren lassen. Zur ansonsten kommentarlosen Namensänderung nur wenige Tage vor der Veröffentlichung des neuen Albums stellten die Chicks lediglich ein Video mit einem Lied auf ihre Website.

"March, March" (Marschiere, marschiere) heißt der Song, der von Bildern von Demonstrationen für Klimaschutz, gegen Krieg und gegen Rassismus begleitet wird. Am Ende des Videos werden zahlreiche Namen von Opfern rassistischer Gewalt eingespielt - an prominenter Stelle der Afroamerikaner George Floyd, der Ende Mai bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben kam. Die "Ein-Mann-Armee" marschiert in dem Song nach dem eigenen Trommelschlag - und fordert zum Mitmarschieren auf.

Auch der Name des neuen Werks "Gaslighter" ist eigentlich eine Herausforderung. Was auf Deutsch ein Gasfeuerzeug wäre, ist auf Englisch im Slang eine besonders starke Form der Manipulation: Täter wollen die absolute Kontrolle und manipulieren ihre Opfer solange, bis diese an ihrer Wahrnehmung zweifeln. Dies tritt in Partnerschaften, in Familien oder auch am Arbeitsplatz auf. Dass damit der amtierende US-Präsident Donald Trump gemeint sein könnte, deutete Sängerin Maines nach Angaben der "New York Times" an: "Ich glaube, ich sehe Trump in dem Lied", wird sie zitiert. "Aber ich habe das Lied nicht seinetwegen geschrieben."

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Vor der Veröffentlichung des neuen Albums hielt sich das Trio mit öffentlichen Äußerungen auffallend zurück. Ob dies auf ein selbst auferlegtes Schweigegelübde nach den schlechten Erfahrungen zurückgeht oder nur auf eine klare Vorgabe des Verlags - selbst die namhaftesten US-Musikmagazine entlockten den Chicks kein Wort. Kein Wort auch zu Konzertplänen - angesichts der Corona-Pandemie prangen auf der Band-Webseite unter diesem Stichwort nur große Fragezeichen.

Die Chicks haben - noch als Dixie Chicks - riesige Erfolge eingefahren. Insgesamt 13 Grammys gab es, davon allein fünf für ihr Album "Taking The Long Way" und die ausgekoppelte Single "Not Ready To Make Nice" (Nicht bereit, Frieden zu schließen). 33 Millionen verkaufte Alben (Stand März 2020), davon allein 27,5 Millionen in den USA, machten sie zur erfolgreichsten Frauen- und Country-Band. Ob sich die Erfolgswelle mit neuem Sound und gekürztem Namen fortsetzen lässt, bleibt abzuwarten.