APA - Austria Presse Agentur

Widerborstiges Universalgenie: Armin Mueller-Stahl ist 90

Sein Leben hat einen eigenen Film verdient - es stellt sich nur die Frage, welcher Schauspieler ihm gerecht werden kann: Armin Mueller-Stahl ist gleichsam ein Universalgenie. Konzertgeiger, Schriftsteller, Maler, vor allem aber international erfolgreicher Schauspieler. Der am Donnerstag 90 Jahre alt werdende Mueller-Stahl beherrscht die Kunst in ihrer ganzen Breite. Fast nebenbei steckt in seiner Biografie sehr viel deutsche Geschichte.

Mueller-Stahl kam am 17. Dezember 1930 in Tilsit in Ostpreußen zur Welt. Sein Vater Alfred war Bankkaufmann, die Mutter Editha Ärztin. Beide hatten auch künstlerisches Talent und gaben dies an ihre fünf Kinder weiter. Das größte Talent zeigte dabei Armin. Nach einem abgeschlossenen Studium der Violine und Musikwissenschaft wurde er aber doch nicht Konzertgeiger, sondern wechselte ins Schauspiel.

Wegen angeblich "mangelnder Begabung" flog er zwar nach einem Jahr in Ostberlin von der Schauspielschule, zusammen mit Manfred Krug. Mueller-Stahl und Krug setzten sich mit ihrem Talent dennoch durch und wurden in der DDR zu Stars. Für beide endete die Karriere im Osten Deutschlands 1976 mit der Unterzeichnung eines offenen Briefs gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann. Allerdings endete nach dem gemeinsamen Widerstand auch die Freundschaft.

"Er hatte gedacht, wir würden die DDR gemeinsam verlassen - mit einem großen Paukenschlag", schilderte Mueller-Stahl in der Wochenzeitung "Die Zeit" den Konflikt mit Krug. Er habe das aber nie vorgehabt. Krug ging schon 1976 und nannte Mueller-Stahl zögerlich. Erst 1980, nachdem er mehrere Jahre lang in der DDR keine Aufträge bekommen hatte, reiste auch Mueller-Stahl aus.

In Westdeutschland konnte er nahtlos wieder an die alten Erfolge anknüpfen. Rainer Werner Fassbinder gab ihm eine Rolle in seinem Erfolg "Lola". Während der Dreharbeiten legte sich der trotz seines mehrjährigen Berufsverbots selbstbewusste Mueller-Stahl gleich mit dem im Westen erfolgreichen Mario Adorf an.

Sperrig dürfte Mueller-Stahl manchen damals vorgekommen sein, auch unvernünftig in seinem Stolz. So lehnte er die gut bezahlte Hauptrolle für den Straßenfeger "Die Schwarzwaldklinik" ab, weil er nicht als Serienfigur festgelegt werden wollte.

Im Nachhinein sollte Mueller-Stahl mit solchen Entscheidungen Recht behalten, konnte er seine Karriere doch bis nach Hollywood ausdehnen. Er spielte in den für den Oscar nominierten Filmen "Bittere Ernte" und "Oberst Redl" mit sowie 1991 in Jim Jarmuschs Kultfilm "Night on Earth" einen Taxifahrer in New York, der kein Englisch sprach. 1996 wurde Mueller-Stahl für seine Rolle als Vater in "Shine" für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert.

Damit gehört Mueller-Stahl, der mit seiner zweiten Frau in Los Angeles, an der Ostsee und in Berlin lebt, zu den wenigen deutschen Schauspielern, die in Hollywood nachhaltig Erfolg hatten. Film- und Fernsehpreise gewann er sowohl national wie auch international. So holte er als Thomas Mann in der Fernsehproduktion "Die Manns" den Fernsehpreis Emmy. 2009 spielte Mueller-Stahl noch einmal in "Illuminati" an der Seite von Tom Hanks in einer großen internationalen Verfilmung.

Zu dieser Zeit war Mueller-Stahl längst nicht nur Schauspieler. Er schrieb mehrere Bücher. Vor allem aber malt er seit langem und stellt mit Erfolg aus. "Ich bin hier und heute ein Maler, der auch schauspielert", eröffnete Mueller-Stahl vor einigen Jahren eine Ausstellung mit seinen Bildern. Inzwischen malt er, ohne zu schauspielern.

"Ich bin auf der Welt, um kreativ zu sein", sagte Mueller-Stahl vor einigen Jahren in einer Biografie von Gabriele Michel. Und noch einen anderen Gedanken offenbarte er, der in seinem fortschreitenden Alter an Bedeutung gewinnt: "Der Gedanke von Unsterblichkeit als produktivem Überleben, der bedeutet mir schon etwas."