APA - Austria Presse Agentur

Wie Salman Rushdie die Pandemie erlebte

Der Schriftsteller Salman Rushdie glaubt nicht, dass die Corona-Pandemie die Welt zum Besseren verändert. "Ich bezweifle, dass aus den Lehren der Pandemie eine soziale Revolution hervorgehen wird", schreibt der in New York lebende indisch-britische Autor in seinem neuen Buch "Die Sprachen der Wahrheit", das am Montag bei C. Bertelsmann erschienen ist. Das Buch versammelt Schriften und Reden von 2003 bis 2020, "Pandemie" ist der jüngste Text der Sammlung.

"Der soziale, kulturelle, politische Schaden dieser Jahre, die Vertiefung der bereits bestehenden tiefen Gräben der Gesellschaft (...) wird länger fortbestehen", glaubt Rushdie. Der Autor erkrankte bereits im März 2020 selbst an Covid-19. Sein Alter - damals 72 - und sein Asthma "machten mich zu einem erstklassigen Ziel". Er habe sich erschöpft gefühlt, das Fieber sei Achterbahn gefahren, "und doch hatte ich Glück", seine Lunge seien nicht befallen worden.

Während des Lockdowns hätten ihn die Ideen mancher Gesprächspartner überrascht, berichtet Rushdie. Die einen sagten: "Na klar, nach der iranischen Fatwa wegen der "Satanischen Verse" wissen Sie alles über Lockdowns, es dürfte Ihnen vertraut sein." Die anderen meinten: "Das muss eine wunderbare Zeit für Sie sein, denn Sie können zu Hause bleiben und einen Roman schreiben." Beides sei völlig falsch.

Wie viele andere Autoren habe er kaum schreiben können: "Das Tosen der wirklichen Welt war ohrenbetäubend und ließ keinen ruhigen Ort, an dem eine imaginierte Welt sich entwickeln könnte." Er habe in dieser Zeit alte französische Filme geschaut. "Sollte mein nächster Roman von der französischen Nouvelle Vague beeinflusst sein, was ich für sehr gut möglich halte, dann ist der Lockdown schuld daran."

Das Todesurteil, das der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini 1989 gegen Rushdie ausgesprochen hatte, wurde zwar offiziell nie aufgehoben, hat aber nach Angaben seines Verlages keinerlei Bedeutung mehr für ihn. Er könne sich frei bewegen, habe keinen Personenschutz mehr. Sein Leben in New York sei "überhaupt nicht mehr" eingeschränkt. In einem Interview mit der "taz" sagte er 2019, er habe "vor langer Zeit beschlossen, keine Angst mehr zu haben".