APA - Austria Presse Agentur

Zwischen "Zuckerpuppe" und "Pigalle": Bill Ramsey wird 90

Da ist die "Zuckerpuppe" oder das "Pigalle", die "große Mausefalle", und natürlich das "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett": Wer diese Liedtitel hört, denkt auch 60 Jahre nach ihrer Veröffentlichung an einen etwas überdrehten Sänger mit einem nie abgelegten amerikanischen Akzent. Bill Ramsey war der US-deutsche Star der Wirtschaftswunderzeit und darüber hinaus. Am Samstag wird er 90 Jahre alt.

Ramsey musste sich gesundheitsbedingt vor einigen Jahren aus der Öffentlichkeit zurückziehen, nachdem er noch bis ins hohe Alter Schaffenskraft für seine Leidenschaften Jazz und Blues gezeigt hatte. Am 1. März 2019 lief zuletzt seine Radiosendung "Swingtime", die er über 30 Jahre im Hessischen Rundfunk moderierte. Im Juli 2018 fand sein letztes Konzert in Darmstadt statt. Kurz danach machte der seit langem mit seiner vierten Frau in Hamburg lebende Ramsey eine Parkinson-Erkrankung öffentlich.

Geboren wurde Ramsey am 17. April 1931 in Cincinnati im US-Staat Ohio. Die Mutter war Lehrerin, der Vater machte Öffentlichkeitsarbeit für einen US-Konzern. Das führte auch dazu, dass der kleine Bill bereits mit acht Jahren für Backfett Werbung machte.

Mit der Musik kam Ramsey in seiner damals vor allem für Blues-Produktionen bekannten Heimatstadt wie von selbst in Berührung. Als die Jazzlegende Ella Fitzgerald ihn singen hörte, habe sie die Augen geschlossen, erzählte Ramsey später gern. "Wer Dich nur hört, denkt, Du bist schwarz", habe sie ihm dann gesagt.

Ob er womöglich in den USA bei so viel Zuspruch eine noch größere Karriere gemacht hätte? Doch führten ihn die Wirrungen der Nachkriegszeit nach Deutschland. Ramsey wurde von der US-Armee eingezogen und kam 1952 als junger GI nach Frankfurt. Dort konnte sich Ramsey bald beim US-Militärsender AFN als Chefproduzent ganz der Musik widmen.

Im Frankfurter Jazzkeller begegnete er 1954 Heinz Gietz, einem führenden deutschen Musikkomponisten und Produzenten. Gietz brachte Ramsey zunächst beim Film unter, wo er in mehr als 20 Streifen mitspielte. 1957 dann fragte Gietz Ramsey, ob er eine Platte machen wolle. Bei der Frage "Willst du Rock 'n' Roll oder lieber was Lustiges singen?" entschied sich Ramsey für das Lustige.

Damals schien niemand zu verstehen, dass die von vielen als albern wahrgenommenen Ramsey-Hits bewusst kabarettistisch angelegt waren. "Die Lieder waren ein Spiegelbild der Wirtschaftswunderzeit," sagte er dem "Weser-Kurier". Das "Pigalle" habe sich auf die deutschen Kegelklubs bezogen, die nach Paris reisten. Sein erstes Nummer-eins-Lied "Souvenirs" persiflierte die ersten deutschen Urlauber, die nach Italien reisen konnten und mit Taschen voller Andenken zurückkehrten.

So plötzlich der Schlagererfolg da war, so schnell ebbte er aber auch wieder ab. Schon wenige Jahre nach seinen Hits formulierte Ramsey den Wusch, "endlich einmal ohne Grimassen akzeptiert" zu werden. Mit Paul Kuhn am Piano produzierte er eine Bluesplatte.

Für Ramsey wurde diese Produktion Mitte der 60er Jahre zu einer Wegscheide: Von da an nahm er keine Schlager, sondern fast ausschließlich Lieder in seiner Muttersprache Englisch auf und produzierte fast nur noch Jazz und Blues. Aber gleichzeitig schloss er nie endgültig mit der lukrativeren leichten Unterhaltung ab.

Ramsey wurde mit seinen alten Hits Dauergast in Fernsehsendungen. Er moderierte zudem selbst Fernsehshows, etwa "Das waren Hits" für das ZDF oder den als Vorläufer heutiger Castingformate geltenden ARD-"Talentschuppen".

1984 nahm Ramsey die deutsche Staatsbürgerschaft an. Im vergangenen Jahr erhielt er das Verdienstkreuz am Bande. Der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda (SPD) fasste dabei Ramseys Merkmale pointiert zusammen. Er sei eine "weltoffene Persönlichkeit, gepaart mit einer positiven Lebenseinstellung und gekrönt von meisterlicher vokaler Souveränität".