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Warum ist man manchmal nach nur einem Glas Alkohol betrunken?

Eine Studie zeigt, dass Alkohol nicht in der Leber, sondern auch im Gehirn abgebaut werden kann.
Selma Tahirovic Selma Tahirovic

Wir kennen es doch alle, wenn der Alkohol uns etwas zu schnell zu Kopf steigt. Das kann bereits nach einem Glas passieren – und schon fühlen wir uns betrunken. Eine Studie des National Institutes of Health zeigt, dass Alkohol tatsächlich auch im Gehirn und nicht nur in der Leber abgebaut wird. 

Die Entdeckung stellt frühere Theorien auf den Kopf: Die WissenschaftlerInnen glauben, dass dies der Schlüssel zur Bekämpfung von Komasaufen und Alkoholismus ist. Die Studienergebnisse könnten eines Tages auch zur Behandlung von Krankheiten wie Schlaganfall, Parkinson und Multipler Sklerose eingesetzt werden. 

Die Untersuchung wurden in dem Fachmagazin "Nature Metabolism" veröffentlicht. 

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Alkohol unterdrückt menschliche Gehirnfunktion

Die Studie wirft ein neues Licht darauf, warum Menschen nach nur einem oder zwei Getränken beschwipst werden können. Diese Reaktion im Gehirn kann zu Unruhe, undeutlicher Sprache und verlangsamten Reaktionszeiten führen.

"Alkohol unterdrückt die menschliche Gehirnfunktion und beeinflusst das Verhalten", sagte der Studienautor Li Zhang vom National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism in einer Presseaussendung. "Ein möglicher Alkoholstoffwechsel im Gehirn ist seit mehreren Jahrzehnten ein kontroverses Thema in der Wissenschaft."

Aber es ist wenig über die neurologischen Prozesse bekannt, die die Wirkung der Metaboliten – die Zwischenprodukte eines biochemischen Stoffwechselvorgangs – im Gehirn steuern.

  • Die Verhaltenseffekte werden durch Metaboliten verursacht, die entstehen, wenn der Körper Bier, Wein oder Spirituosen abbaut. Eine solche Chemikalie namens Acetat wird von einem Enzym namens ALDH2 produziert, das in der Leber reichlich vorhanden ist.
  • Aber Tests an menschlichen Gehirnproben und Mäusen zeigten, dass es auch in speziellen Gehirnzellen, den sogenannten Astrozyten, präsent ist.
  • Astrozyten werden als die Kacheln des zentralen Nervensystems bezeichnet und befinden sich im Kleinhirn, der Gehirnregion, die das Gleichgewicht und die Koordination kontrolliert.

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Neurotransmitter beeinflusst unser Verhalten

Die ForscherInnen entfernten das ALDH2 aus den Zellen einiger Labormäuse, die gegen alkoholbedingte motorische Beeinträchtigungen immun wurden. Sie erbrachten die gleichen Leistungen wie ihre Altersgenossen auf einem rotierenden Zylinder, der ihre Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeiten gemessen hat.

"Es gibt seit Langem die Annahme, dass die Chemikalie Acetat im Gehirn hauptsächlich aus dem Alkoholstoffwechsel der Leber stammt", sagte Zhang. "In der Tat kann Acetat mit einer hohen Kapazität durch die Blut-Hirn-Schranke transportiert werden. Unsere hier präsentierten Forschungsergebnisse legen nahe, dass der zentrale Alkoholstoffwechselweg im Gehirn Acetat produziert."

Beim Trinken wird ein Neurotransmitter, der die Nerven beruhigt und Schläfrigkeit verursacht, ausgeschüttet. Denken, Sprechen und Bewegungen verlangsamen sich, da sich verschiedene Teile des Gehirns nicht mehr koordinieren können. Das ist der Grund, warum wir unsere Worte lallen, keine Entscheidungen treffen können und unbeholfen wirken.

Diese körperlichen und geistigen Einschränkungen fallen jedoch weg, wenn das Enzym ALDH2 aus den Astrozyten entfernt wurde. "Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Chemikalie Acetat, das im Gehirn und in der Leber produziert wird, sich in seiner Fähigkeit, die motorische Funktion zu beeinflussen, unterscheidet." Durch diese Erkenntnis könnte man das Verhalten im betrunkenen Zustand besser studieren.