APA - Austria Presse Agentur

Corona-Infektion erhöht das Sterberisiko von operierten PatientInnen

Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus vor oder nach einer Operation führen zu einem deutlichen Anstieg von Komplikationen und Todesfällen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der internationalen COVIDSurg Collaborative, einer weltweiten Forschungskooperation. Eine Covid-19-Infektion erhöht das Sterberisiko von frisch Operierten um bis zu Achtfache. Geplante Eingriffe sollten entweder verschoben oder die PatientInnen vorher geimpft werden, fordern die deutschen Chirurgen.

"Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) plädiert dafür, Patientinnen und Patienten im Vorfeld geplanter chirurgischer Eingriffe priorisiert gegen das SARS-CoV-2-Virus zu impfen. Darüber hinaus sollten Eingriffe bei infizierten Patienten nach Möglichkeit um sieben Wochen verschoben werden", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung.

Mit 1.667 teilnehmenden Kliniken in 116 Ländern weltweit, knapp 15.000 involvierten ÄrzteInnen und bisher mehr als 141.000 in die Studie aufgenommenen Patienten ist die COVIDSurg Collaborative eine der größten medizinisch-wissenschaftlichen Kooperationen. "Von ihrem Ansatz her generiert sie reine Beobachtungsstudien", erläuterte Thomas Schmitz-Rixen, Vizepräsident der DGCH und Direktor der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie des Universitätsklinikums Frankfurt am Main. "Dennoch ist die Aussagekraft der aktuellen Studie aufgrund der großen Teilnehmerzahl sehr hoch", so Schmitz-Rixen.

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Corona erhöht Sterblichkeitsrisiko bei PatientInnen enorm

Wie die Auswertung des umfangreichen Datenmaterials ergab, zogen sich weltweit zwischen 0,6 und 1,6 Prozent der PatientInnen im zeitlichen Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff eine SARS-CoV-2-Infektion zu. Diese hatte in allen Altersgruppen einen deutlichen Effekt auf das Risiko der PatientInnen, innerhalb von 30 Tagen nach der Operation zu versterben.

Besonders deutlich war der Anstieg bei den über 70-Jährigen: In dieser Altersgruppe trieb eine SARS-CoV-2-Infektion die 30-Tage-Sterblichkeit bis zum Achtfachen in die Höhe. In der Teilgruppe der aufgrund einer Krebserkrankung operierten PatientInnen stieg die Mortalität auf bis zu 18,6 Prozent.

"Diese Zahlen machen deutlich, dass das noch immer knappe Covid-Vakzin bei chirurgischen Patienten sehr effektiv eingesetzt wäre und die v in der Impfreihenfolge priorisiert werden sollten", wurde Schmitz-Rixen zitiert. In der Gruppe der 50- bis 69-Jährigen, die wegen einer Krebserkrankung operiert würden, reiche bereits die Impfung von 559 Menschen aus, um einen Covid-Todesfall zu verhindern – bei gesunden Gleichaltrigen werde dieser Effekt erst mit durchschnittlich 13.000 Impfungen erzielt.

Wann immer möglich solle chirurgischen PatientInnen daher vor einem planbaren Eingriff ein Impfangebot gemacht werden, auch wenn der Eingriff dafür um einige Wochen verschoben werden müsse. Ob eine solche Verzögerung ohne Risiko für den Patienten möglich sei, müsse allerdings im Einzelfall entschieden werden.

Auch in den ersten Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion besteht ein vorübergehend deutlich erhöhtes Komplikationsrisiko, wie eine weitere auf COVIDSurg-Daten beruhende Studie ergeben hat. Demnach war die Sterblichkeit nach chirurgischen Eingriffen in den ersten sechs Wochen nach einer diagnostizierten SARS-CoV-2-Infektion zunächst auf das 4-Fache, dann auf das 3,5-Fache erhöht, bevor sie ab der siebenten Woche wieder auf Normalwerte absank.

"Eingriffe sollten daher bei positiv Getesteten nach Möglichkeit um mindestens sieben Wochen verschoben werden", betont Schmitz-Rixen. "Dies gilt auch für PatientInnen, die keine oder nur milde Symptome haben." Bei Patienten, deren Covid-19-Symptome auch sieben Wochen nach der Infektion nicht abgeklungen seien, sei eine noch längere Verschiebung angeraten.

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Operationsstau birgt ebenfalls Risiken

Allerdings birgt auch das Aufschieben von Operationen Risiken. Allein während der ersten Welle der Pandemie hatte sich nach Schätzungen der COVIDSurg-Collaborative innerhalb von zwölf Wochen ein weltweiter Operationsstau von 28 Millionen Eingriffen gebildet. Damals waren viele Operationstermine abgesagt worden, weil Kliniken ihren Betrieb drastisch umorganisieren und reduzieren mussten, aber auch weil PatientInnen aus Angst vor dem Corona-Virus den Gang zum Arzt scheuten.

"In der Folge wurden - und werden – Krankheiten vermehrt erst in einem späteren Stadium entdeckt oder behandelt, mit negativen Konsequenzen für den Therapieerfolg", sagte DGCH-Experte Schmitz-Rixen. "Die Impfung von elektiv-chirurgischen PatientInnen (geplante Eingriffe; Anm.) kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, diesen Rückstau abzubauen und Gesundheit zu erhalten", so der Chirurg.