Phobie mit Folgen: Angst vor Spritzen in den Griff bekommen

Für manche Menschen ist eine Spritze ein wahrer Alptraum
Manchen bekommen schon beim Gedanken Panik, andere verkrampfen beim Anblick: Die Angst vor Spritzen ist weit verbreitet.

Dabei gibt es zwei Typen, die zu unterscheiden sind, wie der Psychotherapeut Enno Maaß erklärt: Zum einen Menschen, die Angst davor haben, Blut und Verletzungen zu sehen. Dann gibt es zum anderen noch jene, die isoliert Angst vor der Spritze an sich haben. 

Das zeigt sich durch typische Angstsymptome, wie Anspannung, Zittern und negative Gedanken schon vor dem Termin. Was steckt hinter diesen Phobien und wie lässt sich gegensteuern?

Schamgefühle wegen Ohnmacht

Bei den Menschen, die mitunter ohnmächtig werden, steigen Blutdruck und Pulsfrequenz kurz vor dem Setzen der Nadel heftig an. Dann entspannen sich die Gefäße der Muskulatur plötzlich. Das lässt den Blutdruck rapide fallen, kurzzeitig ist dadurch zu wenig Blut im Kopf – und man verliert das Bewusstsein.

Bei dieser Blut-Spritzen-Verletzungsphobie führen die Anfälle, auch vasovagale Synkopen genannt, oft zu einer Angst vor der Peinlichkeit dieser Situation und damit einhergehenden Schamgefühlen, erläutert Maaß. Davon Betroffenen kann es helfen, vorher vertraulich mit den ÄrztInnen genau über diese Befürchtungen zu sprechen. Außerdem wissen viele nicht, dass auch Menschen ohne diese ausgeprägten Ängste beim Blutspenden manchmal in Ohnmacht fallen – dieses Wissen kann das Schamgefühl ebenfalls senken.

Praktisch können Betroffene die sogenannte angewandte Anspannung durchführen, und zwar vor dem Setzen der Spritze, währenddessen und auch eine Zeit danach. Dazu werden pumpend-rhythmisch die Muskeln des nicht-injizierten Armes und der Beine angespannt, so Maaß. So fällt der Blutdruck durch den Muskeldruck auf die Gefäße oft nicht so heftig ab, sodass eine Ohnmacht ausbleibt.

Furcht vor Verletzungen

Wer vor allem Angst vor der Spritze hat, spürt oft ein diffuses Unbehagen. Dahinter könnten Befürchtungen stehen, dass man durch die Spritze verletzt wird, zum Beispiel am Knochen, oder versehentlich Luft mit injiziert werde. "Das zeigt sich oft in den Gesprächen, wenn man dem Angstgefühl auf den Grund geht", sagt der Psychotherapeut.

Es kann auch hier helfen, mit dem/r ÄrztIn zu sprechen und sich zum Beispiel die Kanüle zeigen und anschließend erklären zu lassen, wie das Spritzen abläuft und auf was der Mediziner dabei achtet.

Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen

Generell sind die Fachkräfte, die die Spritze geben, wichtig. Sie sollten behutsam sein bei Menschen mit solchen Ängsten und in Ruhe erklären. Es kann auch beruhigen, wenn sie deutlich machen, dass sie viel Erfahrung und Gelassenheit mitbringen. "Man sollte die PatientInnen abholen und deren Ängste ernstnehmen", sagt Maaß.

Das gilt gerade bei älteren Menschen im Pflegeheim, die eventuell nicht mehr so gut in der Lage sind, die Situation zu erfassen: "Je stärker die Vertrauensbasis ist und je fürsorglicher die Vorgespräche laufen", sagt Maaß, "desto eher ist man bereit, sich in der Situation auch anzuvertrauen und Ängste zu überwinden."

Ablenkung hilft indes nur bedingt. Bei Kindern, die vielleicht keine rationalen Ängste haben, sondern sich in erster Linie vor dem möglichen Schmerz fürchten, gehe das vielleicht noch, meint der Experte. "Doch Erwachsene sind oft nicht so leicht abzulenken."

Ernste Folgen möglich

Wer sich partout nicht spritzen lassen will und wem auch die Gespräche mit dem/r ÄrztIn nicht helfen, der sollte über eine Psychotherapie nachdenken. "Das geht oft mit überschaubarem Aufwand und guten Behandlungsergebnissen", sagt Maaß.

Denn eine Phobie vor Spritzen kann ernste gesundheitliche Folgen haben – wenn man deshalb nicht zu Vorsorgeuntersuchungen geht, sich nie Blut abnehmen lässt oder den Zahnarzt meidet.

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