Studie: Wie man mit Apps nachhaltigeren Konsum fördern kann
Mit einer eigens erstellten App hat ein Forscherteam derartige Informationen punktgenau beim Einkauf geliefert. Das hat das Verhalten auch tatsächlich verändert, berichtet das Team mit österreichischer Beteiligung im Fachblatt "Royal Society Open Science".
Entstanden sind App und Untersuchung im Rahmen eines von der EU mit rund 2,4 Millionen Euro geförderten Projektes namens "ASSET – Instant Gratification for Collective Awareness and Sustainable Consumerism", das von Johannes Klinglmayr vom Linz Center of Mechatronics (LCM) geleitet wurde.
Beteiligt waren neben einem Team um Dirk Helbing vom Computer Science Department der ETH Zürich auch PartnerInnen aus Spanien, Deutschland und Estland sowie zwei Supermarktketten. Zusammen mit KonsumentInnenschützerInnen und NGOs wurden Informationen zu angebotenen Produkten zusammengetragen und in das Programm integriert.
Produkte in 25 Kategorien
So wurden die Produkte hinsichtlich 25 Kategorien eingeordnet – von der Strecke, die ein Artikel bis zum Regal zurückgelegt hat, über Angaben zum Nährwert, zu den Arbeitsbedingungen bei dem/der ErzeugerIn, bis zu anderen, etwa umweltrelevanten Faktoren und Fragen der Nachhaltigkeit.
Die KonsumentInnen konnten zu all den Kategorien in dem Einkaufsassistenten angeben, wie wichtig sie ihnen sind. Je nachdem, wo sie sich in den beiden ausgewählten Supermärkten in Estland und Österreich befanden, zeigte das System ihnen an, welche unmittelbar in ihrer Umgebung im Markt gelagerten Produkte ihre persönlichen Anforderungen am besten erfüllen. Gleichzeitig blieb die Privatsphäre der KonsumentInnen geschützt.
Konsumentscheidungen wurden geändert
Die Studie zeigt nun: "Die Leute haben dem vertraut und ihre Entscheidungen auch daraufhin geändert", sagte Klinglmayr im Gespräch mit der APA. Die Analyse des Verhaltens jener insgesamt rund 200 Menschen, die mit der App ausgestattet waren, und über einen langen Zeitraum in den Geschäften Lebensmittel einkaufen gingen, zeigte, dass dieser Effekt auch lange anhielt.
Die Leute haben also unter realistischen Bedingungen beim Einkauf mit ihrem eigenen Geld ihr Verhalten verändert. Wenn ihre Präferenzen mehr Nachhaltigkeit widerspiegelten, dann zeigte der Effekt auch in diese Richtung.
Klinglmayr und das Forschungsteam werten das als starken Hinweis, dass sich auf diese Weise die oft für KonsumentInnen so schwer erreichbare Veränderung des Einkaufsverhaltens unterstützen lässt, so der ForscherInnen.
Diese Grundlagenarbeit sei relevant, wenn es darum geht, den Konsum stärker anhand der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinten Nationen auszurichten, ohne dabei auf Ge- und Verbote von oben herab oder letztendlich moderat manipulative Maßnahmen, wie etwa "Nudging" zu setzen.
KonsumentInnen würden also nachhaltiger kaufen, wenn sie es aufgrund leicht zugänglicher Informationen auch können. Es stimme demnach nicht, dass durch Wissen keine Verhaltensänderung angestoßen werden kann, man müsse die Inhalte "so aufbereiten, dass man sie auch versteht" und auf das eigene Leben herunterbrechen kann.
"Um als Gesellschaft nachhaltiger zu werden, ist der individuelle Konsum nicht die einzige Stellschraube an der wir drehen müssen. Aber unsere Studie zeigt uns auch, dass so das generelle Bewusstsein für Nachhaltigkeit gestärkt wird", so der Wissenschafter.
Transparenz zahlt sich aus
Für Klinglmayr handelt es sich hier um eine relativ zentrale Erkenntnis für die Gestaltung eines Übergangs im Konsumverhalten aus Eigeninitiative: "Auch die NGOs freuen sich natürlich, dass man hier zeigen kann, dass es etwas bringt, wenn man den Leuten Transparenz bietet." Mit den Erkenntnissen und Entwicklungen aus dem Projekt lasse sich womöglich auch ein Spin-off-Unternehmen gründen, für das man noch auf Partnersuche sei.
Dieser stark auf die BürgerInnen und deren Bedürfnisse fokussierte Ansatz der fachübergreifenden Technologieentwicklung mit Blick auf Nachhaltigkeit passe auch sehr gut in die Stoßrichtung des seit Jahresbeginn laufenden neuen EU-Forschungsrahmenprogrammes "Horizon Europe", zeigte sich Klinglmayr überzeugt.
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