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Thrombose: Was steckt hinter dem Faktor-V-Leiden?

Was hat das Faktor-V-Leiden mit einer Thromboseerkrankung zu tun? Wir erklären, was dahintersteckt.
Selma Tahirovic Selma Tahirovic

Die Corona-Impfung von AstraZeneca sorgte in den letzten Tagen für Aufregung. Es wird von Thrombosefällen bei einigen wenigen Geimpften berichtet, ein direkter Zusammenhang konnte laut einem Bericht des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) jedoch nicht hergestellt werden. Dennoch führte dieses Thema zu einer großen und hitzigen Debatte im Internet, die nicht nur den Impfstoff, sondern auch die Antibabypille infrage stellt. 

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Thrombose und Antibabypille

Die Antibabypille wird häufig jungen Frauen verschrieben, die unter Akne oder starken Regelschmerzen leiden, da die Hormone für glatte Haut und eine leichtere Periode sorgen sollen. Zudem ist die Pille auch ein relativ sicheres Verhütungsmittel mit einem Pearl-Index von 0,1 bis 0,9.

Der Pearl-Index richtet sich laut "netdoktor.at" nach 100 Frauen, die ein Verhütungsmittel für ein Jahr lang benutzt haben. Ein Verhütungsmittel mit einem Pearl-Index von 0 wäre demnach "perfekt", weil es bedeuten würde, dass keine der 100 Frauen schwanger wurde. Im Gegensatz zur Antibabypille weißt beispielsweise das Kondom einen Pearl-Index von 2 bis 12 auf. 

Zwar soll die Pille die Schmerzen und Hautunreinheiten lindern, doch der Hormoncocktail kann laut den Nebenwirkungen, die im Beipackzettel der Präparate nachzulesen sind, ebenso zu einer Thromboseerkrankung führen. Wer raucht und die Pille nimmt, kann das Risiko zusätzlich steigern.

Wichtig: Das trifft laut "netdoktor.de" nur zu, wenn es sich um Antibabypillen mit dem Hormon Östrogen handelt – sogenannte Minipillen weisen kein erhöhtes Thromboserisiko auf. 

    Wie der Pillenbericht 2020 der Gesundheitskasse AOK beschreibt, verwenden immer weniger Frauen die Antibabypille als Verhütungsmittel: "Mehr als 50 Prozent der Frauen bekommen immer noch Wirkstoffe mit einem erhöhten oder unklaren Risiko für die Bildung von venösen Thromboembolien“, fasste Eike Eymers, die Ärztin im Stab Medizin des AOK-Bundesverbandes tätig ist, im Report zusammen.

    Doch nicht nur das Rauchen in Kombination mit den Nebenwirkungen der Antibabypille können das Thromobserisiko steigern: Unter anderem ist eine APC-Resistenz, auch bekannt als Faktor-V-Leiden, ebenfalls ein Risikofaktor für die Venenerkrankung, von der meist nur wenige Menschen wissen. 

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    Was ist das Faktor-V-Leiden?

    Das Faktor-V-Leiden wird meist durch eine Erbkrankheit verursacht, die die Blutgerinnung stört und das Thromboserisiko erhöht. Die Krankheit wird durch eine genetische Mutation am Blutgerinnungsfaktor V (fünf) verursacht. Durch die Mutation verklumpt und verdickt das Blut leichter und es kommt zu einem venösen Blutgerinnsel (Thrombose). 

    Eine Thrombose beschreibt einen Venenverschluss durch verdicktes Blut, das nicht weiterfließen kann. In 60 Prozent der Fälle sind Beinvenen betroffen, die sich durch ein angeschwollenes Bein, verfärbte Haut und manchmal sogar durch offene Wunden am Unterschenkel auszeichnen. 

    Zwar wird der Begriff Faktor-V-Leiden als Synonym für die APC-Resistenz verwendet, es beschreibt jedoch nur die genetische Mutation und nicht die Erkrankung selbst. In MedizinerInnenkreisen wird die Krankheit auch Thrombophilie genannt. 

    Laut einem Bericht der "Wiener Zeitung" mit dem österreichischen Hämatologen Albert Wölfler von der Medizinischen Universität erkranken in Österreich circa fünf Prozent der Bevölkerung an der APC-Resistenz. Wie "netdotkor.de" erklärt, ist die APC-Resistenz die häufigste genetische bedingte Thrombophilie in Europa. 

    Wie schwer der Krankheitsverlauf ist, hängt davon ab, ob beide Eltern (homozygot) oder nur ein Elternteil (heterozygot) das veränderte Gen in sich tragen und weitergeben. Menschen, die das heterozygote Faktor-V-Leiden aufweisen, haben ein fünf bis zehnfach höheres Risiko, an einer Thrombose zu erkranken.

    Geben jedoch beide Eltern das defekte Gen weiter, dann ist das Thromboserisiko um das 50- bis 100-fache angestiegen. Homozygot betroffene Frauen, die die Antibabypille nehmen, weisen gegenüber Menschen ohne Gendefekt ein über 100 Prozent höheres Thromboserisiko auf.

    Die APC-Resistenz kann lange Zeit ohne Beschwerden im Körper schlummern. Die Krankheit wird meist erst dann diagnostiziert, wenn es schon zu einer verstärkten Blutgerinnbarkeit oder Thrombose kommt. Durch eine Blutuntersuchung kann man feststellen, ob man das Gen in sich trägt. 

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    Faktor-V-Leiden betrifft vor allem EuropäerInnen

    Ein besonderes Merkmal weist die Krankheit in Bezug auf ihr Auftreten auf, so wird das Faktor-V-Leiden ausschließlich bei Menschen mit europäischer Abstammung nachgewiesen. Laut dem "Ärzteblatt" leiden zwei bis 15 Prozent der EuropäerInnen unter dem Gendefekt.

    Bei UreinwohnerInnen Afrikas, Asiens, Amerikas und Australiens kommt die Mutation nicht vor. ForscherInnen gehen davon aus, dass sich das Faktor-V-Leiden als "Gründereffekt" verbreitet hat. Darunter versteht man eine genetische Abweichung einer isolierten Menschengruppe der Stammpopulation. 

    Mehr zu dem Thema erfährst du auch in dem Erklärvideo von @Medicosis Perfectionalis: 

    Symptome immer untersuchen lassen 

    "Wichtig ist, dass Sie auf typische Anzeichen einer Thrombose oder Embolie achten und umgehend einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, wenn es dafür Anzeichen gibt“, erklärt Eymers im Pillenbericht 2020. 

    Wenn du starke Schmerzen, Schwellungen, Verfärbungen oder ein Spannungs- und Schweregefühl im Bein spürst, könnte dies auf eine Thrombose hindeuten – dann solltest du unbedingt eine/n ExpertIn aufsuchen.

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    Auch vor einer Lungenembolie, einem verstopfen Blutgefäß beziehungsweise einem Blutgerinnsel in der Lunge, warnt die Medizinerin: "Typische Symptome einer Lungenembolie sind plötzlich auftretende Kurzatmigkeit oder Atemnot, atemabhängiger Brustschmerz, Herzrasen oder unerklärlicher Husten“, sagt Eymers.