APA - Austria Presse Agentur

Warum Kinder Geschichten erfinden dürfen

Kinder erzählen oft täuschend echt klingende Geschichten, die aber erfunden sind. Müssen Eltern sich deshalb Sorgen machen? Nein, sagt eine Erziehungsexpertin. Das Gegenteil ist der Fall.

"Der Konstantin ist heute im Kindergarten so schlimm hingefallen, dass der Krankenwagen ihn abholen musste - mit Blaulicht!" oder: "Auf dem Spielplatz habe ich drei Mädchen kennen gelernt, bei der einen übernachte ich jetzt." Spannende Geschichten, die sich bei näherem Nachfragen aber als erfunden herausstellen. Kleine Kinder haben oft eine große Fantasie und sind wahnsinnig kreativ darin, sich Dinge auszudenken. Inwieweit können Eltern das auf sich beruhen lassen - und wann sollten sie lieber eingreifen?

Geschichten erzählen viel über Gedanken der Kinder

In erster Linie sollten Erwachsene das Spiel erstmal mitspielen und sich für die Geschichten ihrer Kinder interessieren, sagt die Sozialpädagogin und Erziehungsberaterin Dana Mundt: "Man erfährt dabei soviel über die Gedankenwelt der Kinder, was sie beschäftigt und in ihren Köpfen vorgeht und wie sie sich die Welt erklären."

Auch wenn sich die Geschichten am Ende als nicht ganz wahrheitsgetreu entpuppen, ist das erst einmal kein Grund zur Sorge: Dies spricht laut Mundt für eine gesunde Kindesentwicklung. Denn über Rollenspiele und Fantasiegeschichten lernen Kinder Empathie - und nebenher die Welt zu verstehen.

Geschichten zu erfinden, ist komplex

Was Eltern außerdem nicht außer Acht lassen sollten: Erfundene Geschichten setzen nicht nur Fantasie und Intelligenz voraus, sondern auch einiges an sprachlicher Leistung.

Aus ihrer Beratungspraxis weiß Mundt aber auch, dass es viele Eltern in Alarmbereitschaft versetzt, wenn sie glauben, ihr Kind lüge wie gedruckt. Predigten zu halten, bewirkt dann aber oft das Gegenteil: Die Kinder lügen aus Angst vor Bestrafung dann erst recht.

Und selbst wenn Eltern sich unsicher sind, ob die erzählte Geschichte wirklich so passiert ist, sollten sie ihrem Kind erstmal einen Vertrauensvorschuss gewähren, rät Mundt. Für kleine Kinder fühlen sich auch imaginierte Dinge wie etwas real Erlebtes an. Nachfragen, wenn ihnen etwas komisch vorkommt, dürfen Eltern natürlich trotzdem.

Generell können Kinder unter drei und manchmal auch unter vier Jahren nicht immer die Wahrheit von Lügen unterscheiden. Erst ab einem Alter von fünf oder sechs Jahren überblicken sie Situationen besser und können Lügen einsetzen, um etwas Bestimmtes zu erreichen.