YouTube, Coca Cola, Wiener Linien, Spotify, Facebook

Wenn Unternehmen einen Sinn für Pride entwickeln

Firmenlogos, Trinkflaschen und Kartoffelchips erstrahlen im Juni in Regenbogenfarben – die Community zeigt sich skeptisch.

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Es mag euch vielleicht schon aufgefallen sein: Überall sind Regenbögen. Der Pride-Monat steht im Zenit, auf der ganzen Welt werden CSD-Paraden abgehalten und große Unternehmen brüsten sich mit LGBTIQ-Solidarität, die oftmals nur dann gültig zu sein scheint, wenn sie die Aussicht auf Profit bietet.

Und während das Phänomen Pinkwashing per se nichts Neues ist, scheint es dieses Jahr ein bisschen präsenter als sonst: Die Marke Clever bietet aktuell Mineralwasser in einer limitierten Pride-Edition an, Almdudler tauscht heterosexuelle vorübergehend gegen homosexuelle Pärchen aus, nahezu jede Textilkette schmückt ihre Schaufenster mit eigenen Pride-Kollektionen, am Life Ball war gefühlt jede österreichische Firma vertreten und so ziemlich alle großen Unternehmen tünchen ihre Social-Media-Präsenzen in regenbogenfarbene Verläufe.

Dass diese Sichtbarkeit stattfindet, könnte man als Zeichen für einen kulturellen Umschwung deuten, viele Mitglieder der Community sehen darin aber nichts weiter als opportunistisches Trend-Hopping. Nicht zuletzt, weil viele der Unternehmen, die sich im Juni nach außen hin mit der Community solidarisieren, das restliche Jahr über gegen ebendiese arbeiten oder sich in Schweigen hüllen. So kann es als unehrlich aufgefasst werden, wenn sich YouTube einen Monat lang ein Regenbogen-Logo an den Revers heftet, gleichzeitig aber Videos mit LGBTIQ-Inhalten als "potenziell unangebracht" einstuft und homophobe Kommentare auf ihrer Seite zulässt. Ebenso wirkt es nicht wie hundertprozentige Unterstützung, wenn Abercrombie & Fitch zwar angeben, den Erlös ihrer Pride-Kollektion an ein LGBTIQ-Projekt zu spenden, jedoch nur "bis zu 100.000 Dollar".

Der queere Autor Da’Shaun Harrison erwähnt in einem Kommentar für "BET", wie sogenannter Regenbogen-Kapitalismus der Pride schade. Die Pride sei ursprünglich dazu da gewesen, um mit Heteronormativität zu brechen und gegen Polizeigewalt aufzustehen. Die Pride, wie wir sie heute kennen, ehre Harrison zufolge aber nicht jene großteils Schwarzen Vorfahren, die die LGBTIQ-Bewegung dorthin gebracht haben, wo sie heute steht, sondern stelle vielmehr Weiße Cis-Männer in den Vordergrund. Marken wie Nike, Walmart und Jack Daniels würden Jahr für Jahr zahlreiche Produkte mit Regenbogen-Branding anbieten, während sie in Privatgefängnisse und unfreie Arbeit investieren – in Anbetracht der Tatsache, dass Schwarze LGBTIQ-Personen häufiger unter Polizeigewalt leiden und festgenommen werden, wäre Regenbogenkapitalismus gar ein "Gewaltakt".

Patrick Gotham wiederum schreibt auf "Medium", er glaube, dass es sehr wohl einen Platz für regenbogenfarbene Firmenlogos und Pride-Editionen von Softdrinks gibt. Er selbst habe immer für Unternehmen gearbeitet, in denen ein Coming-out negative Auswirkungen für ihn gehabt hätte. Als es in einem neuen Job dazu kam, sein Unternehmen auf einer Pride-Veranstaltung zu vertreten, war er stolz – und kam zum Schluss, dass die Beteiligung von Unternehmen an der Pride vielleicht nicht immer schlecht sein müsse.

Außerdem könne Pride-Branding einen positiven Effekt auf Jugendliche haben, die wie er in Gegenden aufwachsen, in denen Homophobie weiter verbreitet ist als in einer Großstadt. "In einer Stadt, in der Ablehnung gegenüber meiner Sexualität herrschte und zum Alltag gehörte, setzten kleine Regenbogen-Logos ein Zeichen." Die Kritik am Regenbogen-Kapitalismus setze laut Gotham oft einen sicheren Arbeitsplatz voraus und vergesse außerdem, dass das Branding einer Trinkflasche einem Teenager in einer Kleinstadt ein sicheres Gefühl vermitteln könne. Man wisse schließlich nie, was diese Form der Unterstützung für jemanden bedeuten kann, der sie vielleicht braucht.

Fritto Lay

Wie LGBTIQ-Support auch geht, hat übrigens im Jahr 2015 ausgerechnet der Chips-Hersteller Frito-Lay gezeigt: Pünktlich zum Pride-Monat wurden plötzlich bunte Regenbogen-Doritos angeboten, erwerben konnte man den bunten Snack allerdings nur dann, wenn man mindestens 10 Dollar – zirka das Zweifache des Kaufpreises – an eine Aktion spendete, die sich für die LGBTIQ-Jugend auf der ganzen Welt einsetzt.