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"The Crown": 5 Ereignisse aus der 4. Staffel im Fakten-Check

Keine Doku, sondern TV-Drama: Nicht immer ist alles in Wahrheit so passiert, wie in der populären Netflix-Serie dargestellt.
Erwin Schotzger Erwin Schotzger

"Die Geschichte von Charles und Diana" ist der Untertitel der vierten Staffel von "The Crown", die seit 15. November bei Netflix zu sehen ist. Nach den drei Staffeln, in denen vor allem Queen Elisabeth II. im Mittelpunkt stand, rücken jetzt – beinahe so wie damals nach der Hochzeit von Charles und Diana im Jahr 1981 – neben der Queen (Olivia Colman) auch Diana (Emma Corrin) und ihr schwieriges Verhältnis mit Charles (Josh O'Connor) und seiner Familie ins Rampenlicht.

In den zehn neuen Episoden der hochkarätig besetzten und aufwendig produzierten Netflix-Serie wird die Bulimie-Erkrankung von Diana ebenso thematisiert wie ihre Gefühle gegenüber Charles und seiner Liebe zu Camilla Parker-Bowles.

Außerdem nimmt auch das komplizierte Verhältnis der Queen zur ersten weiblichen Premierministerin Großbritanniens, der als Eisernen Lady bekannten Margaret Thatcher (Gillian Anderson), einen wichtigen Platz ein.

Was ist Geschichte und was Fiktion?

"The Crown" ist keine Dokumentation, sondern eine fiktionale Serie, die auf wahren Begebenheiten basiert. Nicht alles, was bei der Verfilmung von solchen historischen Ereignissen letztendlich auf dem Bildschirm oder der Leinwand landet, ist auch wirklich so passiert. Oft ist es schwierig, zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden, vor allem wenn für die Dramaserie höchst private Momente rekonstruiert werden müssen. Dann werden oft historisch belegte Fakten mit nicht ganz so gut belegten Gerüchten ausgeschmückt oder mitunter sogar Details erfunden.

Robert Lacey, der historische Berater bei "The Crown", hat es 2019 in einem Interview so formuliert:

Da ist ein Unterschied zwischen Geschichte und der Vergangenheit. Wir Historiker sind wie Gärtner: Wir stehen mit einem Sieb da [...] und was in dem Sieb zurück bleibt, ist die Geschichte, mit der ein Historiker arbeitet. [...] Aber viele Sachen fallen durch [das Sieb] und können nur durch fundierte Erfindungen oder Fantasie dargestellt werden. Das ist, was wir mit 'The Crown' machen.

Manche Szenen sind also durchaus akkurat dargestellt, andere wiederum sind im Wesentlichen frei erfunden, um gewisse Hintergründe und Zusammenhänge dramaturgisch darzustellen. Oft stimmen auch zeitliche Abläufe in der Serie nicht.

Aufschlussreich sind zudem auch Ereignisse, die damals oft für medialen Wirbel sorgten, aber in der Serie gar nicht erwähnt werden – weil es nicht zur Geschichte passt, die erzählt werden soll (so zum Beispiel die versuchte Entführung von Prinzessin Anne im Jahr 1974). 

Wir haben diese fünf Punkte der vierten Staffel auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft:

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1. Das erste Treffen von Charles und Diana gab es so nicht

Im echten Leben hat das erste Treffen zwischen Charles und Diana nicht so stattgefunden, wie in der Serie dargestellt. Weder trat die um zwölf Jahre jüngere Diana erstmals in einem Kostüm für eine Schulaufführung von Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" vor die Augen von Prinz Charles, noch hat das spätere Gespräch mit Charles im Auto so stattgefunden.

Die Szene soll zum Ausdruck bringen, dass Diana eine quicklebendige Jugendliche war und wohl auch für den Prinzen schwärmte. Hingegen sagte ihre ältere Schwester Sarah angeblich einmal über Charles, dass sie ihn nicht heiraten würde, egal ob er "ein Müllmann oder der König von England" wäre. Die Spencer-Schwestern wurden aber von Charles immer wieder zu Partys und Festen eingeladen.

Bei einem dieser Anlässe im Jahr 1980 funkte es angeblich zwischen den beiden: Charles war damals 31, Diana 19 Jahre alt. Dabei haben die beiden angeblich auch über den für Charles schmerzhaften Verlust von Louis Mountbatten bei dem Bombenattentat im August 1979 gesprochen (wie in der Auto-Szene in der ersten Episode).

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2. Dianas Treffen mit der königlichen Familie lief nicht so toll

Der erste Besuch von Diana auf Schloss Balmoral lief keineswegs so reibungslos wie in der Serie. Zwar dürfte die Rolle von Philip (Tobias Menzies) als Eisbrecher wohl so sein, wie in der Serie dargestellt. Aber im Buch "Diana: Her True Story" schilderte die Prinzessin den Aufenthalt anders: "Ich war oft in Panik, wenn ich Balmoral besuchte. [...] Da ist so eine negative Atmosphäre. Dieses Haus saugt dich aus."

Das Verhältnis von Diana mit der königlichen Familie war alles andere als herzlich. Richtig ist aber, dass sie sich mit Prinz Andrew (Tom Byrne), dem Bruder von Charles, und Prinzessin Margaret (Helena Bonham Carter), der Schwester der Queen, ganz gut verstand. 

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3. Bulimie von Diana

Diana litt tatsächlich an Bulimie, wie Interviews und Biografien belegen. Demnach begann ihr Leiden allerdings erst nach der Verlobung und durch den Stress im Zuge der Hochzeit. So habe alles mit damit begonnen, dass Charles seine Hand auf ihre Hüften legte und sagte: "Oh, ein bisschen pummelig sind wir hier, nicht wahr?" Diese oft zitierte Szene kommt in der Serie nicht vor.

Bis zur Hochzeit brach sie regelmäßig und nahm um die Taille deutlich ab. Die Bulimie wurde laut einer Biografie zu einem "Fluchtmechanismus" für ihre Probleme in ihrer Ehe. Es dauerte angeblich ein Jahrzehnt, bis sie darüber hinweg war.

Diana-Darstellerin Emma Corrin hat auf die explizite Darstellung von Dianas Bulimie gepocht, auch um jenen Menschen gerecht zu werden, die an dieser Essstörung leiden. 

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4. Charles gönnt Diana ihre Popularität nicht

Als Charles und Diana im Jahr 1983 eine Reise nach Australien und Neuseeland unternehmen, zeigt die Serie, wie sehr Charles seiner beliebten Frau die mediale Aufmerksamkeit missgönnt. In einem BBC-Interview sagte Diana sogar, dass es sich hierbei um ein Missverständnis handelte und das Paar während dieser Reise "sehr verliebt" gewesen wäre. Diana sagte damals, dass sie sich mit ihrer eigenen Popularität unwohl fühlte und es auch unfair fand. Sie habe die Aufmerksamkeit mit Charles teilen wollen.

Aber viele Insider zeichnen ein anderes Bild: So erzählte Dianas ehemaliger Presse-Sekretär Patrick Jephson in einem Interview, dass es Diana durchaus genoss, Charles die Show zu stehlen: "Wenn sie mehr lachte und lächelte, dann nicht, weil sie mehr Spaß hatte, sondern weil sie wusste, dass es ihn nervte."

Auch das Märchen vom verliebten Paar scheint er nicht zu bestätigen: "Sie sprachen nicht miteinander, es gab nur minimalen Augenkontakt und sie waren aufbrausend zueinander." 

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5. Kühles Verhältnis zwischen der Queen und Margaret Thatcher

Während in der ersten Episode der Serie angedeutet wird, dass die Queen von der ersten weiblichen Premierministerin zunächst begeistert war, soll es in Wahrheit ganz anders gewesen sein. Die Queen und Thatcher konnten sich demnach schon auf den ersten Blick nicht leiden. In dem Buch "The Queen And Mrs. Thatcher: An Inconvenient Relationship" heißt es, dass die beiden Frauen jahrelang auf persönlicher wie auch politischer Ebene gegeneinander Krieg geführt haben.

Hingegen entspricht der erste Besuch von Thatcher auf Schloss Balmoral den Tatsachen. Die Premierministerin betrachtete ihren Antrittsbesuch bei den Royals als Zeitverschwendung und konnte gar nicht schnell genug wieder abreisen.