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Kampf gegen Klimakrise: „Nicht auf neue Technologien warten“

Am futurezone Day diskutierten Experten über die Klimakrise und technologische Lösungen.
Barbara Wimmer Barbara Wimmer

„Wir stehen vor einer Transformation der Gesellschaft, die alle Bereiche betreffen wird“, sagt Herbert Formayer, Klimaforscher an der Universität für Bodenkultur in Wien am futurezone Day. Die Rede ist dabei vom Klimawandel und der globalen Erderwärmung.

„Die globale Erderwärmung ist vom Menschen gemacht und ohne Maßnahmen, die wir heute setzen, kommen wir da nicht mehr raus“, fügt Gerhard Wotawa, Umweltmeteorologe an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hinzu. Doch können wir uns dazu neue Technologien zunutze machen, um Wege aus der Krise zu finden?

Wachsender Energiehunger

„Mit Erneuerbaren Energien wird viel Effizienz zu erreichen sein, aber wir müssen diese in die Breite bringen. Die Frage ist auch, ob diese Maßnahmen reichen werden, um unseren wachsenden Energiehunger zu decken“, sagt Formayer. In anderen Bereichen wie etwa beim Einsatz von Wasserstoff in der Stahlproduktion brauche es bei manchen Technologien noch Marktreife. „Innovation passiert nicht nur über neue Technologien, sondern auch über soziale Aspekte. Wir brauchen faire und nachhaltige Maßnahmen, und müssen diese gemeinsam vordenken“, sagt Katharina Rogenhofer, Chefin des Klimavolksbegehrens.

Das erste Panel des futurezone Days

Prenner

Appell an die Politik

Gemeinsam mit Anna Lindorfer, Aktivistin der Klimabewegung Fridays for Future, setzt sich Rogenhofer dafür ein, dass die Klimakrise nicht auch von der Politik ignoriert wird. „Der Ausbau von Technologien wie alternative Energien dürfen wir nicht als Chance sehen, sondern als unumgänglich. Wir gehen jeden Freitag auf die Straße, damit sich die Politik der Dringlichkeit bewusst wird“, sagt Lindorfer.

Sie selbst merke, dass sie als Individuum an ihre Grenzen stoße, was sie selbst im Kampf gegen den Klimawandel beitragen kann, außer, darauf öffentlich aufmerksam zu machen. „Ich als Individuum entscheide nicht, wie und ob Öl und Gas gefördert werden, oder ob es in meinem Ort eine Zug- oder Busverbindung gibt“, fügt Rogenhofer hinzu. „Diese Rahmenbedingungen stellt die Politik!“

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Bäume gegen heiße Tage

Fakt sei, dass sich heiße Tage künftig nicht mehr vermeiden lassen. „Das zeigt, dass wir lange Zeit nicht gehandelt haben und wir uns jetzt daran anpassen müssen an das, was wir geschaffen haben“, sagt Rogenhofer. Dem will die Stadt Wien mit zahlreichen Maßnahmen Abhilfe schaffen, wie Birgit Hebein, Vizebürgermeisterin von Wien (Grüne), erklärt. In Wien setze man Tausende neue Bäume, die dazu beitragen sollen, die Stadt im Sommer abzukühlen. Man müsse aber auch öffentlichen Raum an die Bevölkerung zurückgeben, so Hebein.

Ökosoziales Steuersystem

„Natürlich hat die Politik die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass wir die Krise ansatzweise bewältigen können. Nichts tun ist keine Alternative.“ Auf Bundesebene sei ein ökosoziales Steuersystem unumgänglich, sagt die Politikerin, die auch bei den Regierunsverhandlungen der neuen Koalition zwischen Türkis-Grün auf Bundesbene beteiligt ist. Die Stadt Wien würde etwa auch Partnerschaften mit Niederösterreich schließen. Hier habe man kürzlich eine gemeinsame „Absichtserklärung“ erarbeitet.

Neben dem Ausbau von erneuerbaren Energien sprach Hebein auch das heikle Thema Verkehr an. „Wir werden nicht daran vorbeikommen, Straßen rückzubauen und Städte autofrei zu machen und alternative Fortbewegungsmittel anzubieten. In Öffis muss massiv investiert werden und wir müssen uns mit dem emotionalen Thema Auto auseinandersetzen“, so die Grüne Stadtpolitikerin.

Klimafreundliche Optionen für alle

Dass man den Verkehr komplett neu denken müsse, sagte auch Rogenhofer vom Klimavolksbegehren. Einig sind sich bei der Diskussion am futurezone Day, die von Chefredakteurin Claudia Zettel moderiert wurde, alle, dass man jetzt sofort handeln müsse: „Wir können nicht auf neue Technologien warten. Unsere ökonomischen Systeme sind träge“, sagt Klimaforscher Formayer.

Wichtig sei zudem, dass man neue Technologien nicht nur Privilegierten zur Verfügung stellen dürfe, so Rogenhofer, die einmal mehr an die Politik appelliert: „Es sollte nicht entscheidend sein, ob ich es mir leisten kann, mit dem Zug zu fahren und nicht zu fliegen, oder ob ich Bio-Ware aus der Region kaufe, oder importiertes Fleisch aus Argentinien. Warum sind die Rahmenbedingungen nicht so, dass es sich jeder leisten kann, klimafreundlich zu handeln?“

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