Symbolbild.

KURIER

Klimawandel: "Nicht zu fliegen, ist unvorstellbar“

Die Industrie sucht nach Wegen, den Luftverkehr nachhaltiger zu gestalten. Verbote lehnen sie allerdings ab.
Franziska Bechtold Franziska Bechtold

Flugscham ist für manche ein Unwort, für andere das schlechte Gefühl, dass sie abhält am Wochenende zum Shopping nach Paris zu fliegen. Mit einem Flugzeug produziert ein Passagier mehr CO2, als mit allen anderen Verkehrsmitteln. Das macht knapp 2,7 Prozent des weltweiten Ausstoßes aus. Klingt nicht nach viel, aber nur 3 Prozent der Weltbevölkerung fliegen überhaupt. Mit zunehmendem Wohlstand soll die Zahl der Passagiere laut der internationalen Luftverkehrsvereinigung IATA um jährlich 3,5 Prozent wachsen. Damit wird auch der CO2-Verbrauch steigen. Es stellt sich die Frage: Wie kann der Flugverkehr nachhaltig gestaltet werden? 

Eine Lösung ist: Grüne Treibstoffe und höhere Effizienz. Kleine technische Verbesserungen, wie aerodynamische Bauteile, können Millionen Liter Treibstoff einsparen. Alternative Treibstoffe aus Pflanzenöl sind bereits Realität: „Biomasse-Kraftstoff wird auf manchen Flügen untergemischt. Ich halte dies kurzfristig für die nachhaltigste Lösung“, sagt Dieter Reisinger, Dozent an der FH Wiener Neustadt im futurezone-Gespräch. Voraussetzung sei, dass die nötige Anbaufläche für pflanzenbasierte Kraftstoffe nicht die Kapazitäten des Planeten übersteigen. Die Weiterentwicklung dieser Treibstoffe ist auch für die Industrie die kurzfristig sinnvollste Alternative. Austrian Airlines Chef Alexis von Hoensbroech sagt gegenüber der futurezone: „Dafür braucht es Rahmenbedingungen, wie die Zweckbindung von Umweltabgaben für die Forschung und Produktion alternativer Kraftstoffe.“ 

Zug statt Kurzstrecke

Ein häufiger Kritikpunkt in der Klima-Debatte sind günstige Kurzstrecken-Flüge. Für 10 Euro fliegt man nach London, für 80 Euro nach Berlin und für 70 Euro von Salzburg nach Wien. Hoensbroech ordnet dies ein: „Die wenigsten Menschen fliegen von Salzburg nach Wien, das ist eine Zwischenstation auf einer weiteren Reise. Das Ziel ist es, diese Strecken auf die Schiene zu verlagern, aber das muss für die Passagiere auch attraktiv bleiben.“ Zwischen Linz und Wien bringt Austrian Airlines bereits mit AIRail die Passagiere mit dem Zug zum Flughafen. Von Wien nach München fliegt man eine Stunde, mit dem Zug braucht man 4. Mit Anreise, Kontrolle und Boarding verbringt man in etwa gleich viel Zeit unterwegs. Es entscheiden also Preis und Gewissen für oder gegen den Flug. 

Wer dennoch fliegt und sein Gewissen beruhigen will, kann auf Online-Plattformen oder beim Buchen des Flugs den CO2-Ausstoß „kompensieren“. Für den Flug von Wien nach München spendet man dann etwa 10 Euro an Umweltprojekte. Anbieter sind beispielsweise atmosfair oder myclimate. Einige Airlines wie die AUA bieten die Kompensation direkt bei der Flug-Buchung an.

Auf dem Panel diskutierten Robert Machtlinger, Valerie Hackl, Niko Pelinka, Julian Jäger und Alexis von Hoensbroech (v. li. n. re.)

Johannes Zinner

Die Austrian Road Map 2050, eine Initiative für die Modernisierung der österreichischen Infrastruktur, diskutierte das Dilemma am Wiener Flughafen mit Vertretern der Industrie. Hier herrscht der Tenor: „Es wäre einfach zu sagen, wir fliegen nicht mehr. Aber nicht zu fliegen, kann sich niemand vorstellen“, sagte Günther Ofner, Vorstandsdirektor des Wiener Flughafens. Fliegen sei alternativlos, verteile den Wohlstand auf der Welt und führe zu Völkerverständigung. Dem stimmte auch Julian Jäger, Vorstandsmitglied des Wiener Flughafens, zu: „Man sollte sich von der Diskussion keinen Lebensstil indoktrinieren lassen.“ Von Verboten halte er nichts, Regelungen müssten auf europäischer Ebene gelten. „Es bringt nichts, die nationale Industrie zu schwächen, wenn alle Länder außen herum keine solchen Regeln haben.“

Elektro-Flugzeuge nur für Kurzstrecken

Neue Flugzeuge zu kaufen, ist teuer. Daher muss sich das für Airlines lohnen – etwa durch geringen Treibstoffverbrauch, hohe Effizienz und niedrige Instandhaltungskosten. Vorreiter beim umweltfreundlichen Investment sind Fluglinien wie Emirates, sagt Dieter Reisinger, Pilot und Dozent an der FH Wiener Neustadt für Flugsicherheit und Flugzeugdesign. 

Die arabische Airline ist eine der wenigen, die bereits biologische Treibstoffe zumischen. Flugzeuge, die rein elektrisch betrieben werden, sieht Reisinger in der nahen Zukunft nicht als Lösung: „Eine Batterie wäre auf langen Strecken viel zu schwer. Kurze Flüge mit wenigen Personen, etwa Flug-Taxis, sind allerdings schon möglich.“ Solche Drohnen werden auch in Österreich getestet. Sie könnten etwa bis zu zwei Passagiere in Großstädten transportieren. Obwohl noch kein E-Flugzeug massentauglich ist, gibt es Vorzeigeprojekte: Die NASA will mit der X-57 Maxwell ein E-Flugzeug, das die Erforschung alternativer Antriebe voranbringen soll. 

Kompromiss

Ein Kompromiss könnten Hybrid-Technologien sein, wie der Airbus E-Fan X. Dabei wurde eines von vier Triebwerken durch einen elektrischen Antrieb ersetzt. Langstrecken können keine geflogen werden, Mittel- und Kurzstrecken allerdings schon. Andere Hybrid-Flugzeuge nutzen für Start und Landung Strom und greifen sonst auf traditionelle Antriebe zurück.

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