APA - Austria Presse Agentur

15 Jahre Haft für Mord in Wiener Kaserne bestätigt

Es bleibt bei 15 Jahren Haft für einen inzwischen 23-jährigen Soldaten, der am 9. Oktober 2017 in der Albrechtskaserne in Wien-Leopoldstadt einen 20 Jahre alten Grundwehrdiener erschossen hat. Ein Drei-Richter-Senat des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) hat am Mittwoch die Strafberufung des jungen Salzburgers verworfen.

Während der 23-Jährige den Richterspruch gefasst entgegennahm, reagierten die im Publikum anwesenden Angehörigen teilweise verzweifelt. Der Vater rief zornig "Alle korrupt!" und wollte nach Schluss der Verhandlung den vorsitzenden Richter Werner Röggla in ein Gespräch verwickeln, was dieser mit den Worten "Ich kenne Sie nicht" verweigerte. Die übrigen Familienmitglieder verhielten sich ruhig und besonnen, auch der Vater hielt sich in weiterer Folge zurück. Die Justizwachebeamten gewährtem dem 23-Jährigen vor dem Verhandlungssaal noch ein paar Minuten mit seiner Familie, ehe sie ihn abführten. Dem jüngeren Bruder kamen die Tränen, nachdem er dem mit Handschellen Gefesselten um den Hals gefallen war und ihn innig umarmt hatte. Einem anderen Verwandten trug der 23-Jährige auf: "Pass auf die Oma auf!"

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte Mitte Oktober die Nichtigkeitsbeschwerde des jungen Salzburgers in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet zurückgewiesen. Der Schuldspruch wegen Mordes war damit rechtskräftig. Nun versuchte Verteidiger Farid Rifaat das OLG zu überzeugen, dass in diesem Fall eine deutliche Strafreduktion und sogar die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts geboten sei. Auch der 23-Jährige ersuchte in seinem Schlusswort eindringlich um eine Herabsetzung der Strafe: "Ich bitte Sie, Milde zu zeigen." Das, was in der Kaserne passiert sei, tue ihm "furchtbar leid. Ich wollte ihm in keiner Weise Schaden zufügen. Ich war mit ihm befreundet. Es war nicht meine Absicht, ihm ein Haar zu krümmen". Und weiter: "Das, was mir passiert ist, verfolgt mich bis heute. Ein Mensch ist gestorben. Durch meine Dummheit, durch meine Unachtsamkeit."

Der tödliche Schuss auf dem Kasernengelände war gefallen, nachdem es sich der 20-Jährige im Ruheraum eines Wachcontainers bequem gemacht hatte, in dem er gemeinsam mit dem 23-Jährigen und einem dritten Grundwehrdiener in einem Dreier-Rad Dienst versah. Nach seiner Schicht zog sich der 20-Jährige die Schuhe und die Oberbekleidung aus und legte sich auf eine Pritsche. Er dürfte geschlafen haben, als ihm eine aus einem Sturmgewehr StG 77 abgefeuerte Kugel in den Kopf drang.

Der Angeklagte war bis zuletzt bei seiner Schießunfall-Version geblieben. Er behauptete, er habe seinen Kameraden zum gemeinsamen Rauchen einer Zigarette wecken wollen, sei beim Betreten des Ruheraums gestolpert und gestürzt, wobei sich unabsichtlich der Schuss gelöst hätte. Das habe nur deshalb passieren können, weil ihm zuvor die Waffe aus der Hand gefallen sei, wobei eine Patrone aus dem Magazin in den Lauf gelangt sei.

Dieser Version trat jedoch ein Schießsachverständiger entgegen. Er fand keinen Hinweis, dass sich der Schuss "ohne besonderes Zutun gelöst haben kann", wie es in seiner Expertise hieß. Der Ballistiker hatte in Vorbereitung auf die Verhandlung mit der Tatwaffe und der vom Bundesheer verwendeten Munition zahlreiche Fallversuche durchgeführt. Aus diesen ergab sich für den Gutachter, dass die Patrone zweifelsfrei nicht durch Fallen der Waffe in den Lauf gelangt war. Überdies war das StG 77 entsichert.

"Es ist Ihnen zu glauben, dass Sie ihn nicht umbringen wollten", stellte der Vorsitzende des OLG-Senats in Richtung des Schützen fest, nachdem das Gremium über das Rechtsmittel beraten hatte. Dennoch sei in diesem Fall kein Platz für eine Strafminderung. Der 23-Jährige habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt und "ein junges Leben ausgelöscht", wie Richter Röggla betonte: "Wer jemandem eine Waffe gegen den Kopf hält und abdrückt, muss damit rechnen, dass der andere stirbt, wenn eine Patrone im Lauf ist." Die vom Erstgericht verhängten 15 Jahre wären im Hinblick darauf "angemessen". Aus der Strafberufung wären keine neuen Umstände hervorgegangen, die dazu angetan gewesen wären, den Fall "so viel anders zu sehen als den typischen Mord", bemerkte Röggla abschließend.